Der Großmeister geht, die Krise nicht
Wenn die Leitung des Malteserordens an diesem Samstag in Rom zusammentritt, geht es nur noch um eine reine Formsache: Der Souveräne Rat soll den Rücktritt von Großmeister Matthew Festing bestätigen (siehe Info-Kasten). Die Entscheidung war bereits am Mittwoch gefallen, als der Vatikan mitteilte, der Papst habe Festings Rücktritt angenommen. Der Orden sagte es offen, der Vatikan verklausuliert: nachdem Franziskus ihn dazu aufgefordert hatte.
Der Papst zog damit offenbar die Konsequenz aus dem Bericht einer vatikanischen Untersuchungskommission zur Amtsenthebung des Ordensgroßkanzlers Albrecht von Boeselager durch Festing. Der Großmeister hatte dem Deutschen vorgeworfen, die Verteilung von Kondomen durch eine Partnerorganisation in Myanmar 2013 nicht gestoppt zu haben. Die päpstlichen Ermittler kam jedoch laut Medienberichten zu dem Schluss, die Vorwürfe seien haltlos.
Interne Machtkämpfe
Festing geht. Doch kaum ein Beobachter in Rom glaubt, dass die Krise damit schon beendet ist. Die eigentliche Ursache des Konflikts sind offenbar interne Machtkämpfe. Hinter der Entlassung sehen Beobachter einen Konflikt zwischen Festing-Anhängern und den deutschen Malteserrittern. Der Kanzler des deutschen Zweiges, Stephan Freiherr Spies von Büllesheim, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur am Freitag, er sehe die deutsche Assoziation nicht als Opfer einer Kampagne. Es gebe aber "Leute, die glauben, dass wir zu viel Einfluss haben".
Aktuell: Boeselager ist wieder Großkanzler
Albrecht von Boeselager ist wieder Großkanzler des Malteserordens. Der Souveräne Rat des Ordens machte die Amtsenthebung des Deutschen durch den zurückgetreten Großmeister Matthew Festing am Samstag rückgängig, wie die Malteser-Zentrale in Rom mitteilte. Zugleich nahm die Ordensregierung den Rücktritt Festings an. Bis zur Wahl eines Nachfolgers für den Briten werde der Orden übergangsweise vom Österreicher Ludwig Hoffmann von Rumerstein geleitet. Als Großkomtur ist er nach dem Großmeister die Nummer zwei der Malteser. Zugleich sagte der Rat laut der Mitteilung die Zusammenarbeit mit der angekündigten päpstlichen Delegation zu. Der Papst habe in einem Brief an Hoffmann von Rumerstein bekräftigt, dass dieser ungeachtet des päpstlichen Sonderbeauftragten weiter für die Regierungsgeschäfte des Ordens verantwortlich sei, vor allem für dessen internationale Beziehungen. Der Sonderbeauftragte sei hingegen für die "geistliche Erneuerung des Ordens" zuständig, vor allem für jene Mitglieder, die Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt haben. (luk/KNA)Der Papst glaubt offenbar nicht daran, dass der Orden die Krise aus eigener Kraft überwinden kann. Nur so lässt sich erklären, dass der Vatikan am Mittwoch einen päpstlichen Sonderbeauftragten für den Orden ankündigte. Die Malteser werden damit unmittelbar unter päpstliche Aufsicht gestellt. Dass der Papst einen solchen Krisenmanager einsetzt, kommt nur in schwerwiegenden Fällen vor. Ein bekanntes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Ordensgemeinschaft "Legionäre Christi", die durch den Missbrauchsskandal um ihren Gründer erschüttert wurde.
Festing hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt. Kurz vor Weihnachten verweigerte der Brite der Untersuchungskommission zur Amtsenthebung die Zusammenarbeit. Er bestritt öffentlich die Legitimation des Gremiums und forderte zu dessen Boykott auf.
Unklarheit herrscht weiter über die Zukunft Boeselagers. Medien zitierten aus einem Schreiben des Vatikan an die Mitglieder des Souveränen Rates. Darin werden alle Handlungen Festings nach dem 6. Dezember für nichtig erklärt. Ob damit auch die Amtsenthebung Boeselagers selbst ungültig ist, die am 6. Dezember erfolgte, blieb zunächst offen. Dafür spräche, dass die Wahl von Boeselagers Nachfolger ausdrücklich als nichtig bezeichnet wird.
Wer den Orden künftig als päpstlicher Delegat beaufsichtigen wird, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Eigentlich gäbe es einen geborenen Kandidaten für diesen Job: den amtierenden Kardinalpatron der Malteser. Er ist vom Papst ernannt und bestens mit dem Innenleben des Ordens vertraut.
Burke die treibende Kraft in dem Konflikt?
Doch dieser Kardinalpatron heißt seit November 2014 Raymond Leo Burke. Der US-Amerikaner ist der prominenteste und schärfste Kritiker von Franziskus im Kardinalskollegium. Er zählt zu den vier Kardinälen, die vom Papst öffentlich mehr Klarheit im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen forderten. Kurz nach seiner Wahl entfernte der Papst Burke 2013 von seinem vatikanischen Spitzenposten und schob ihn zu den Maltesern ab - mutmaßlich in der Annahme, dort könne er keinen großen Schaden mehr anrichten.
Diese päpstliche Rechnung ging offenbar nicht auf. Nach Medienberichten soll Burke die treibende Kraft in dem Konflikt gewesen sein. Im November habe er dem Papst über die Kondom-Vorwürfe gegen Boeselager berichtet, um Unterstützung zu erhalten, so die Berichte. Franziskus soll Burke daraufhin in einem Brief aufgefordert haben, die Angelegenheit im Dialog zu klären. Auch diese päpstliche Aussage war für Burke offenbar nicht klar genug. Der Vatikan teilte Burke mit, er habe den Papst falsch verstanden. Damit könnte die Krise der Malteser auch zu einer Causa Burke werden.
28.1.2017, 20 Uhr: ergänzt um Meldung "Boeselager ist wieder Großkanzler"