Der Motorrad-Missionar
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Stefan Schaaf (53) ist Pfarrer und leidenschaftlicher Motorradfahrer. Seit zwei Jahren ist er Kooperator am Rand des Odenwalds im Erzbistum Freiburg. Weil die Seelsorgeeinheit Mosbach-Elz-Neckar sehr groß ist, legt er viele Strecken mit dem Motorrad zurück. Für ihn ist das nichts Ungewöhnliches. Biken und beten gehören für ihn zusammen.
Frage: Herr Pfarrer Schaaf, welches Motorrad fahren Sie?
Schaaf: Momentan eine Triumph Tiger Explorer 1200.
Frage: Wie schnell fährt diese Maschine?
Schaaf: 200 km/h, wenn ich will. Ich fahre leidenschaftlich gerne Motorrad. Da ich 195 cm groß bin, brauche ich eine große und sichere Maschine. Außerdem ist sie für weite Strecken besser geeignet als andere. Letztes Jahr war ich in Fatima und in Lourdes. Das war eine Reise von über 6000 Kilometern, da muss die Maschine gut laufen. Ich war mit dem Motorrad auch schon in Rom, in Schottland, in Österreich und an vielen Wallfahrtsorten in Deutschland unterwegs.
Frage: Wie passt das zusammen, ein Pfarrer auf dem Motorrad?
Schaaf: Warum nicht? Ich gehöre zur Schönstatt-Bewegung und habe gemeinsam mit einem Bekannten im Jahr 2005 den Missionarischen Motorrad-Club Schönstatt, kurz "MMCS", gegründet. Wir planen Wallfahrten zu einzelnen Schönstattkapellen oder feiern gemeinsam Gottesdienste. Dieses Jahr starten wir den Auftakt der Motorradsaison mit einer Motorrad- und Biker-Segnung in der Schönstattkapelle in Trier.
Frage: Was ist das Besondere an diesen Motorrad-Wallfahrten?
Schaaf: Wir können zwar zahlenmäßig mit den großen Motorradwallfahrten wie denen in Klausen nicht mithalten, aber die Atmosphäre ist bei uns familiärer. Es ist immer wieder berührend, wenn 100 Maschinen am Eingang der Pilgerkirche in Schönstatt stehen. Zwei Maschinen dürfen sogar in die Kirche hinein und bis zum Altar vorfahren. Sie stehen dann während des Gottesdienstes vor dem Bild der Muttergottes. Das gibt es sonst nirgends. Für uns ist es eine besondere Form der Marienverehrung. Jedes Jahr erbitten wir so Gottes Segen für uns Biker.
Frage: Fährt Maria mit?
Schaaf: Ja, klar. Meine Maschine ist deshalb auch blau, das ist die Farbe der Muttergottes. Auf meinem Sozius, dem Gepäckträger, habe ich immer ein kleines Pilgerheiligtum aus Aluminium mit dem Bild der Gottesmutter dabei. Die haben wir extra für den Motorradclub anfertigen lassen. Das ist unsere pilgernde Gottesmutter. Auf der Harley meines Bekannten ist sogar auf dem Tank ein Bild des Schönstatt-Gründers Josef Kentenich geairbrusht. Mit Maria auf dem Bike und Pater Kentenich auf dem Tank kann wenig schiefgehen.
Frage: Das heißt, wenn Maria mitfährt, kann nichts passieren?
Schaaf: Bislang ist Gott sei Dank kaum etwas passiert. Nur einmal gab es bei einer Ausfahrt unseres Clubs einen Unfall. Einer der Motorradfahrer ist in die Leitplanke gekracht und hat sich ein Bein gebrochen. Wir hatten aber Rettungssanitäter dabei, die sofort zur Stelle waren und geholfen haben. Trotz des Unfalls ist der Fahrer jedes Jahr wieder mit auf der Wallfahrt dabei. Normalerweise fahren wir aber sicher. Wir haben halt ein wenig mehr Gottvertrauen als andere Fahrer.
Frage: Und wenn doch etwas schief geht?
Schaaf: Bei unseren Motorrad-Gottesdiensten bitten wir immer um Gottes Schutz und Beistand im Straßenverkehr und um Trost für alle, die liebe Menschen durch Unfälle verloren haben. Wir beten auch immer für die Verletzten und für die, die von einer Ausfahrt nicht mehr heimgekommen sind. Wir haben auch ein eigenes Gebet für Motorradfahrer geschrieben. Es lautet so: "Wenn Unfall und Gefahr droht, wenn Unachtsamkeit und Übermut droht, tritt du auf die Bremse und bewahre mich und die anderen." Bei den Gottesdiensten wird es immer ganz still, wenn wir dieses Gebet sprechen. Jede Motorradwallfahrt endet mit einem Segen. Mir ist dabei wichtig, dass jeder Teilnehmer ein paar Tropfen Weihwasser auf Maschine und Gesicht spürt.
Frage: Tragen Sie unter der Motorradkleidung eigentlich Soutane?
Schaaf: Ich trage bei jeder Ausfahrt eine Motorradkleidung. Die Stola und das weiße Chorhemd habe ich als Gepäck in einem Koffer mit dabei. Als Priester erkennbar bin ich aber, weil ich auf meiner Motorradweste die Gottesmutter Maria und das Kreuz Christi als Emblem aufgestickt habe.
Frage: Kommen Sie sonntags zu den Gottesdiensten auch mit dem Motorrad?
Schaaf: Ja, ab und zu mache ich das auch. Die Leute finden das immer sehr cool, wenn der Pfarrer mit der Maschine auf dem Kirchplatz steht. Da ich in einer großen Gemeinde tätig bin, bin ich täglich auf Achse. Aber ich habe auch noch andere Aufgaben, als nur mit dem Motorrad in der Gegend herum zu düsen. Ich kenne aber noch drei weitere Pfarrer, die begeisterte Motorradfahrer sind. Mit denen bin ich ab und zu in der Freizeit oder im Urlaub unterwegs.
Frage: Welche Erfahrungen machen Sie als Pfarrer auf dem Motorrad?
Schaaf: Ich merke, dass ich an die Menschen und ihre Sorgen leichter herankomme als sonst. Einmal war ich während einer Motorradwallfahrt mit einem Teilnehmer einen halben Tag lang unterwegs. Wir sind im Schwarzwald herumgebiked und haben uns 400 Kilometer gegönnt, um die Hügel rauf und runter zu fahren. Am Ende der Ausfahrt sagte er dann zu mir, wie schön er es fand, dass ich die Gottesmutter Maria auf dem Gepäckträger hinten drauf habe. "Einen Tag lang der Gottesmutter hinterherzufahren, das macht schon was mit einem", hat er gemeint. Jetzt hat er sich auf den Weg gemacht und will sich taufen lassen.
Frage: Sind Sie ein Missionar auf der Maschine?
Schaaf: Ja, ich würde mich so bezeichnen. Ich möchte für die Menschen ein Ansprechpartner sein, der sie ernst nimmt und sie auf ihrem Lebensweg begleiten, durch alle Höhen und Tiefen. Ich mache das halt mit meinem Motorrad und mit Maria.
Themenseite: Mein Glaube, mein Leben
Jedes Jahr treten zahlreiche Menschen aus der Kirche aus. Doch es geht auch anders herum. Die Themenseite bündelt Porträts über Menschen, die sich als Erwachsene für die Kirche entschieden haben oder ihren Glauben in einer besonderen Weise leben.Gebet für Biker
Herr, unter dem Helm bin ich allein mit dir,
inmitten Deiner herrlichen Schöpfung.
Das Asphaltband schlängelt sich durch Wiesen,
Wald und Felder, Berge und Täler,
ich rieche die Natur und spüre fast unendliche Möglichkeiten.
Sanft bebt die Maschine unter mir,
ihre Kraft hast Du in meine Hand gegeben,
fast ist mir, als flöge ich davon.
Winzige Bewegungen meines Körpers und meiner Hände
verändern Horizont und Perspektive.
Unerreichbar bin ich für alle,
die das Gefühl meiner Freiheit begrenzen könnten,
allein und doch nicht alleingelassen von Dir.
Dein Engel fährt mit mir und bewahrt mich vor Unvernunft,
Deine schützende Hand leitet mich von Kurve zu Kurve.
Herr, ich danke Dir für das Leben, das Du mir gegeben hast,
für alle Vielfalt und für das Motorradfahren. Amen.