"Der rheinische Kardinal"
Buchautor Friedhelm Ruf erzählt die Geschichte des Bischofs sehr ausführlich und geht dabei auch auf amüsante Kleinigkeiten ein, wie zum Beispiel, dass Frings auch noch als Erzbischof regelmäßig ins Schwimmbad ging. Josef Frings, der am 6. Februar 1887 in eine fromme, liberale und relativ wohlhabende Familie in Neuss am Niederrhein geboren wurde, hegte schon früh den Wunsch, einfacher "Leutepriester" zu werden. Am 10. August 1910 konnte der eifrige junge Mann seine Priesterweihe feiern. Zunächst wurde er in Köln und Umgebung als Seelsorger eingesetzt. Er erfreute sich fast überall größter Beliebtheit. Außer beim damaligen Bürgermeister der Stadt Köln – Konrad Adenauer. Schon früh begegnete der Priester dem späteren Bundeskanzler: Das Verhältnis zwischen den beiden war von der ersten Begegnung an angespannt. Der Politiker wollte damals seinen Sohn auf eine katholische Schule im Zuständigkeitsbereich Frings‘ schicken, obwohl er dafür eine Erlaubnis des Pfarrers gebraucht hätte. Das Buch kommt mehrfach auf das nicht ganz einfache Verhältnis der beiden zu sprechen.
Ein Priester für die Menschen
Nach seiner Promotion in Freiburg 1916 wurde Frings als Rektor in einem Waisenhaus in seiner Heimatstadt eingesetzt. Von 1924 bis 1937, also in der Vorkriegszeit, hatte er eine Pfarrstelle in Köln-Braunsfeld inne. Das habe Frings immer als seine "schönste Zeit" bekundet. Danach wurde er Regens, also als Leiter des Priesterseminares in Bensberg. Nach dem Tod von Erzbischof Schulte ernannte man Frings am 1. Mai 1942 überraschend zum Erzbischof. Er hielt immer daran fest, "Leutepriester" zu sein und machte "Für die Menschen bestellt" zu seinem bischöflichen Wahlspruch. Die Bischofsweihe fand trotz der schwierigen Kriegssituation im Kölner Dom statt, der bis auf den letzten Platz besetzt war, obwohl die Zeitungen nicht darüber berichten durften. Wenige Wochen nach der Amtseinführung drückte er seine Verbundenheit zu seinem Heimatort Neuss aus, indem er dort eines seiner ersten Pontifikalämter feierte.
Seine Amtszeit als Erzbischof war größtenteils überschattet vom NS-Regime, vom Krieg und den Nachkriegsjahren. Er selbst entkam im Bombenkrieg dem Tod oft nur, indem er in ein Krankenhaus floh. Letztlich flüchtete er für ein halbes Jahr nach Bad Honnef. In der Zeit nach dem Nationalsozialismus wurde Frings berühmt für seine Sorge um die Einheimischen, aber auch wegen seines unermüdlichen Einsatzes für Kriegsgefangene. Er betonte mehrfach, dass die Deutschen keine Kollektivschuld an den Gräueltaten der Diktatur träfe. Frings hatte beim Wiederaufbau Deutschlands maßgeblichen Einfluss zum Beispiel auf das Grundgesetz oder den Aufstieg der CDU, der er auch kurze Zeit angehörte.
Die abenteuerliche Reise zur Kardinalserhebung im Jahr 1946 nach Rom ist in dem Buch genauso enthalten, wie seine Passion für das Bergsteigen. Natürlich kommt auch das nach ihm benannte Verb "fringsen" in dem Werk nicht zu kurz: Obwohl er noch auf dem Sterbebett bedauerte, wie sehr ihn dieses Wort belaste, geht es doch auf ihn selbst zurück. In seiner Silvesterpredigt 1946 erlaubte er den Menschen, Kohle zu stehlen, um nicht zu erfrieren. Der genaue Wortlaut der berühmten Ansprache ist in dem 512 Seiten starken Werk abgedruckt.
Frings und das Konzil
Ein eigenes Kapitel widmet der Autor dem Wirken des Kardinals beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), das Frings als Moderator und maßgeblicher Redner stark beeinflusste. Der Text beschreibt in eindrücklicher Weise, wie er als konservativer Bischof ins Konzil einzog und wie schnell er erkennen musste, wie wichtig Veränderungen in der Kirche nötig waren. Der Kölner Erzbischof, der beim Konzil nur noch wenig Sehkraft besaß, wurde von dem aufstrebenden Professor Joseph Ratzinger beraten. Dieser erzählt eindrücklich, wie Frings vor seiner Abreise zum Konzil seine künftige Begräbnisstätte abtastete. "Er war in dieser Stunde gleichsam in die Zukunft vorausgegangen, um von der Verantwortung solchen Schauens her die kommende Aufgabe zu erfüllen." formulierte damals der spätere Papst.
Insgesamt 19 Reden hielt Frings in den Vollversammlungen: immer frei, in perfektem Latein – wenn auch mit rheinischem Akzent – und immer hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Konzilsväter. Natürlich dokumentiert der Band auch den Streit, den sich Frings mit Kardinal Alfredo Ottaviani, dem Präfekten des Heiligen Offiziums, der heutigen Kongregation für die Glaubenslehre, lieferte. In konservativen Kreisen wurde in dessen Folge auch getuschelt, Frings besorge die Geschäfte des Teufels. Das Buch beschränkt sich allerdings nicht auf den Einfluss des Kölner Oberhirten auf das Konzil, sondern es bietet gut aufbereitete allgemeine Hintergründe und Informationen zu diesem Kirchenereignis.
Dossier: Zweites Vatikanisches Konzil
Vieles, was heute in der Kirche als selbstverständlich gilt, ist eine Folge von fast revolutionären Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Katholisch.de blickt auf die wegweisende Bischofsversammlung und ihre wichtigsten Beschlüsse zurück.Private Einblicke und persönliche Berichte
Neben den umfassenden Kapiteln über den Lebenslauf bietet das Werk auch zahlreiche kurze Texte, die sich mit Einzelepisoden aus dem Leben des Rheinländers beschäftigen. Etwa mit dem "Frings Quartett": Der Erzbischof spielte - so lange er noch sehen konnte - Violine und musizierte regelmäßig mit Freunden. Texte zu den von ihm gegründeten Hilfswerken "Adveniat" und "Misereor" zeugen von der Menschenliebe des Kardinals.
Verschiedene Interviews und Berichte von Verwandten, ehemaligen Messdienern, Weggefährten, Freunden und Geistlichen tragen mit ihren persönlichen Erlebnissen sehr zum positiven Bild des "rheinischen Kardinals" bei, welches das Buch beim Leser hinterlässt. Ein chronologischer, komprimierter Lebenslauf von Kardinal Frings bietet einen guten Überblick am Ende des Buches. Ein eigenes Kapitel widmet sich den Spuren, die Frings in Neuss und Köln hinterlassen hat und die heute noch an ihn erinnern.
Sehr emotional schildert Bruder Wunibald am Ende die letzten Tage des Kardinals und die Zeit bis zu seiner Beisetzung in der Bischofsgruft des Kölner Doms. Der Alexianerbruder pflegte Frings in seinen letzten Jahren, bis dieser schließlich am 17. Dezember 1978 starb. Bruder Wunibald kommt zu folgendem Schluss: "Josef Frings lebt in den Erinnerungen vieler Menschen weiter. Er lebte sein Motto 'Für die Menschen bestellt'. Und gerade dieses gute, authentische Leben macht ihn auch heute noch zu einem Vorbild."