Der Streit geht weiter
Nachdem die Glaubensgemeinschaft bereits eine jahrelange rechtliche Auseinandersetzung mit dem Senat von Berlin geführt hatte, erkannten im Jahr 2006 zunächst Berlin und anschließend 12 weitere Bundesländer den Staus als Körperschaft öffentlichen Rechts an. In Bremen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist das jedoch noch nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgericht monierte im Fall Bremen, dass die Entscheidung vom Parlament, also von der Bürgerschaft getroffen wurde und kippte damit einen Artikel der Landesverfassung Bremens. Entsprechend der Gewaltenteilung hätte die Verwaltung des Stadtstaates über den Antrag befinden müssen.
Die Zeugen Jehovas zeigten sich erfreut über den Beschluss. "Das ist genau das, was wir beabsichtigt haben mit der Verfassungsbeschwerde", teilte ihr Justiziar Gajus Glockentin mit. "Dass eine Verfassungsbestimmung für nichtig erklärt wird, das passiert ja alle 100 Jahre mal." Allerdings ist das Urteil für die Zeugen Jehovas nur ein halber Sieg, denn die Richter schreiben in ihrem Beschluss, dass eine Religionsgemeinschaft rechtstreu sein und ihr Verhalten die Gewähr dafür bieten müsse, dass die "fundamentalen Verfassungsprinzipien, die Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des Religions- und Staatskirchenrechts nicht gefährdet" seien.
Genau darin sehen viele Kritiker das Problem: Die Zeugen Jehovas lehnen viele Prinzipien von Staat und Gesellschaft ab, zum Beispiel politische Wahlen. Den Staat wie auch die Kirchen bezeichnen sie als "Werkzeug des Satans". Auch steht die Glaubensgemeinschaft wegen ihrer Erziehungsvorstellungen und der Verweigerung von Bluttransfusionen in der Kritik. Klassischerweise werden die Zuegen Jehovas deshalb als Sekte eingestuft. Umso schwieriger ist es, sie als Körperschaft öffentlichen Rechts anzuerkennen. Der Status der Körperschaft verleiht zahlreiche Rechte und Befugnisse, etwa zur Erhebung von Steuern und zur Bildung von Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen und Stiftungen. Die Zeugen Jehovas streben diesen Status aber vor allem wegen einer erhofften Imageverbesserung an.
Die katholische Kirche erkennt "Jehovas Zeugen", wie sich selbst nennen, nur bedingt als christliche Gemeinschaft an: Zwar bekennen die sich zu Christus als Heilsvermittler, jedoch lehnen sie einen dreifaltigen Gott ab. Jesus, der den Zeugen zufolge auch als Erzengel Michael in Erscheinung tritt, wird nicht als Gottessohn von Ewigkeit her betrachtet, sondern als Geschöpf. Diese Lehre wurde bereits im 4. Jahrhundert von der Kirche verurteilt.
Lehre der Zeugen Jehovas
Nach eigenen Angaben zählt die Gemeinschaft weltweit rund acht Millionen Mitglieder, davon 170.000 in Deutschland. Die Gruppe versteht sich als christliche Gemeinschaft, die auf Charle Taze Russel zurückgeht. Dieser hat die Gruppe 1881 als "ernste Bibelforscher" gegründet. Die Zeugen Jehovas vertreten nach wie vor den Anspruch, die Bibel alleine richtig auslegen zu können. So beharren sie noch immer auf dem Namen "Jehova", der jedoch auf eine falsche Lesart des hebräischen Gottesnamen "JHWH" zurückgeht.
Eine der zentralen Aussagen der Glaubenslehre der Zeugen ist die sogenannte "Schlacht von Harmagedon". Dabei handelt es sich um einen Kampf, den Christus gegen den Teufel führen wird. Die Menschen werden danach in drei Gruppen unterteilt: Auf die schlechten Menschen, die Jehova nicht bekennen, wartet kein Leben nach dem Tod. Die Zeugen Jehovas selbst dürfen im irdischen Paradies leben. 144.000 Gerechten steht dagegen eine Beteiligung an der Herrschaft Christi in Aussicht. Die Zahl geht auf die Offenbarung des Johannes zurück, wo es heißt: "Es waren hundertvierundvierzigtausend aus allen Stämmen der Söhne Israels, die das Siegel trugen" (Offb 7,4). (mit Material von KNA)