Annette Schavan tritt neuen Posten in Rom an

Deutschlands Frau beim Papst

Veröffentlicht am 08.09.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bundesbildungsministerin Annette Schavan.
Bild: © KNA
Diplomatie

Vatikanstadt ‐ Zum ersten Mal vertritt eine Frau die Bundesrepublik Deutschland als Botschafterin beim Heiligen Stuhl . Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) überreichte am Montag ihr Beglaubigungsschreiben an Papst Franziskus. Mit dieser Sonderaudienz tritt sie ihr Amt in Rom an und kann nun offiziell die Belange der Bundesrepublik im Vatikan, an der Kurie und auf dem diplomatischen Parkett in der Ewigen Stadt vertreten und verfolgen.

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Franziskus begrüßte die neue deutsche Botschafterin am Mittag im Vatikan. Nach einer privaten Begegnung stellte Frau Schavan dem Papst ihre Botschaftsmitarbeiter vor, die sie zur Papstaudienz in den Vatikan begleitet hatten.

Nachfolgerin von Reinhard Schweppe

Der Rahmen der Audienz entspricht dem vatikanischen Protokoll für Diplomaten, deren Länder in Rom eine eigene Botschaft beim Heiligen Stuhl unterhalten. Eine Reihe von Überseeländern ist beim Vatikan durch einen Diplomaten vertreten, der in einem anderen europäischen Land akkreditiert ist, etwa in London, Paris oder Berlin, und der nur zu besonderen Anlässen zum Vatikan reist. Für diese Botschafter findet der Antrittsbesuch im Rahmen einer Gruppenaudienz statt, die mehrmals im Jahr angesetzt wird. Dass eine beim italienischen Staat akkreditierte Botschaft ihr Land zugleich auch beim Vatikan vertritt, ist unüblich.

Die Doktorarbeit von Annette Schavan.
Bild: ©picture alliance / ZB/Hendrik Schmidt

Die Doktorarbeit von Annette Schavan.

Schavan, die auf Botschafter Reinhard Schweppe folgte, der drei Jahre in Rom amtierte, ist die erste Katholikin in dieser Position seit mehr als zehn Jahren. Bei der Entsendung des ersten Vatikan-Vertreters im Jahre 1954 hatte die Bundesrepublik beschlossen, dass die deutschen Vertreter abwechselnd Protestanten und Katholiken sein sollten. Von diesem Prinzip war in der Vergangenheit mehrfach abgewichen worden.

Politiker und Diplomaten

Mit Schavan vertritt erstmals seit langer Zeit wieder eine Politikerin die Bundesrepublik beim Papst. Zuletzt kam mit Philipp Jenninger (1995-1997) ein deutscher Vatikan-Botschafter aus der Politik. Die übrigen Vorgänger kamen aus dem diplomatischen Dienst. Das ist nicht bei allen Ländern der Fall.

Oft entsendet eine Regierung renommierte und verdiente Vertreter aus Wissenschaft und Kultur an den Heiligen Stuhl. Nicht selten auch Politiker. So vertrat etwa die frühere polnische Ministerpräsidentin und Justizministerin Hanna Suchocka zwischen 2001 und 2013 ihr Land beim Papst - der sie daraufhin auch in die neue Kinderschutzbehörde berief. Und die USA waren etliche Jahre lang durch die renommierte Harvard-Professorin Mary Ann Glendon vertreten.

Bundeskanzlerin Merkel schätzt Schavan

Schavan ist demnach nicht die erste Frau im Amt des Vatikan-Botschafters. Dagegen kam eine geplante Entsendung der einstigen Präsidententochter Caroline Kennedy nicht zustande. Derzeit gehören dem diplomatischen Corps beim Heiligen Stuhl rund 20 Frauen als Botschafterinnen an.

Dem Einzug von Frau Schavan in die Botschaftsresidenz im römischen Parioli-Viertel ging ein längerer Instanzenweg voraus. Anfang Mai bestätigte das Bundeskabinett ihre Berufung, bevor Bundespräsident Joachim Gauck die Ernennung aussprach. In der Berufung zeigt sich auch eine besondere Wertschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Schavan gegenüber. Die CDU-Vorsitzende hatte ihre persönliche Vertraute nach der Plagiatsaffäre im vergangenen Jahr nur ungern aus dem Ministeramt entlassen.

Vorbehalte im Auswärtigen Amt

Im Vorfeld des Berufungsverfahrens war es noch zu Irritationen gekommen, da die ehemalige Ministerin nach der Aberkennung ihrer Promotion, die sie 1980 als Abschlussarbeit ihres Studiums eingereicht hatte, nicht über einen Hochschulabschluss verfügt. Der Personalrat des Auswärtigen Amtes hatte Vorbehalte angemeldet, da der Hochschulabschluss auf dem normalen Karriereweg Zugangsvoraussetzung zum diplomatischen Dienst sei. In Regierungskreisen wies man allerdings darauf hin, dass etwa auch Rudolf Dreßler (SPD), vormals Botschafter in Israel (2001-2005), kein Akademiker gewesen sei.

Von Johannes Schidelko und Christoph Scholz (KNA)