Pauline von Mallinckrodt starb am 30. April 1881

Die Gründerin der "Liebesschwestern"

Veröffentlicht am 30.04.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Industrielle Revolution führte im 19. Jahrhundert zur Verelendung vieler Menschen. Ein Grund, warum in dieser Zeit viele Orden gegründet wurden - so auch die "Schwestern der christlichen Liebe".

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Pauline von Mallinckrodt gehört zu den Frauen, die wesentlich zur Erneuerung des religiösen Lebens im 19. Jahrhundert beitrugen. Sie suchte nach einem Weg, soziale Arbeit mit einem Leben als Ordensschwester zu verbinden und gründete die Kongregation der "Schwestern der christlichen Liebe". Im Bereich der Blindenfürsorge und der schulischen und beruflichen Ausbildung von Mädchen leistete sie mit ihrem Orden einen bedeutenden Beitrag.

Die Industrielle Revolution führte zu Verelendung

Am 3. Juni 1817 wurde von Mallinckrodt geboren. Als ältestes von vier Kindern entstammte sie einer "Mischehe" - der Vater war evangelisch, die Mutter katholisch. Auf Wunsch ihrer frommen Mutter wurde sie katholisch getauft. Für den Vater, der als Regierungsvizepräsident in Minden amtierte, brachte das berufliche Risiken mit sich, denn die Kinder preußischer Beamter mussten eigentlich der Religion des Vaters angehören. 1824 zog die Familie ins katholische Aachen. Pauline besuchte hier die höhere Töchterschule St. Leonhard, an der auch Luise Hensel unterrichtete. Die Dichterin religiöser Lieder und Gedichte übte auf ihre Schülerinnen in Glaubensdingen starken Einfluss aus. Auch zwei weitere Schülerinnen Hensels gründeten Ordensgemeinschaften.

Die Industrielle Revolution führte im 19. Jahrhundert zur Verelendung ganzer Bevölkerungsschichten. Auch auf katholischer Seite engagierten sich deshalb viele Frauen des Bürgertums im Bereich der Armenfürsorge. Karitative Arbeit war für sie nur im Rahmen der Kirche denkbar. Deshalb war das 19. Jahrhundert eine Hochphase der Ordensgründungen. Diese Verbindung von religiöser Erneuerung und sozialem Engagement hatte Pauline von Mallinckrodt schon früh erfasst.

Ein Porträt der seligen Ordensfrau Klara Fey
Bild: ©Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesus

Die selige Clara Fey war eine Schülerin von Luise Hensel, ebenso wie die selige Pauline von Mallinckrodt und die selige Franziska Schervier. Alle drei gründeten karitative Ordensgemeinschaften.

Zunächst stand aber die Familie im Vordergrund. 1834 starb ihre Mutter an der Cholera. Die 17-jährige Pauline musste die Leitung des Haushalts übernehmen und sich um die jüngeren Geschwister kümmern. 1839 ließ sich ihr Vater pensionieren und zog mit ihr in die Nähe von Paderborn. Wie bei wohlhabenden Familien üblich, lebte die Familie im Winter in der Stadt. Hier gründete sie 1840 eine Kindertagesstätte, ab 1842 nahm sie zwei blinde Kinder bei sich auf.

Neue Gemeinschaft kümmerte sich um Pflege und Erziehung von Kindern

Als ihr Vater 1842 starb, intensivierte Pauline ihre karitative Arbeit. Von nun an stand die Blindenfürsorge im Mittelpunkt ihres Lebens. 1847 entstand auf ihre Anregung hin die Provinzial-Blindenanstalt, die bis heute in Paderborn besteht. Nach Jahren des Suchens und vielen Reisen, auf denen sie sich über das weltliche und kirchliche Erziehungs- und Wohlfahrtswesen informierte, entschied sie sich, selbst eine Frauenkongregation zu gründen. Zweck der neuen Gemeinschaft sollte neben dem religiösen Leben die Pflege und Erziehung armer Kinder sein.

Im August 1849 wurde Pauline zusammen mit vier Freundinnen vom Paderborner Bischof als Ordensschwester eingekleidet. Die Gemeinschaft wuchs rasch. Neben der Blindenfürsorge entwickelte sich die Mädchenerziehung zum zweiten Schwerpunkt der "Liebesschwestern", wie die Ordensfrauen auch genannt wurden. Vor allem in Westfalen und im Rheinland übernahmen oder gründeten sie zahlreiche Mädchenschulen; dazu kamen vier Waisenhäuser. Pauline von Mallinckrodt amtierte als Generaloberin der Kongregation. Die legte dabei besonderen Wert auf die Ausbildung der Schwestern. Die angehenden Lehrerinnen wurden im Mutterhaus in Paderborn ausgebildet und legten in Münster das staatliche Lehrerinnenexamen ab.

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Der Kulturkampf in Preußen bereitete dem Aufschwung der noch jungen Gemeinschaft ein jähes Ende. Die Auseinandersetzung zwischen dem Staat unter Otto von Bismarck und der katholischen Kirche unter Papst Pius IX. führte zu Einschränkungen und Repressalien des Staates gegenüber der Kirche. Bismarck hatte den Minderheiten in Preußen schon immer misstrauisch gegenüber gestanden.

Generaloberin betrieb Networking in Übersee

Um den Einfluss der Kirche zu begrenzen, wurden nun zahlreiche Gesetze erlassen. Am bekanntesten sind die Einführung der Zivilehe und die staatliche Schulaufsicht. Aber auch sämtliche katholische Ordensgemeinschaften wurden verboten, mit Ausnahme der reinen Krankenpflegeorden. Gegen diese Gesetze kam auch die couragierte Ordensgründerin nicht an. Das Mutterhaus wurde 1877 von Staats wegen aufgelöst, die Schwestern mussten Preußen verlassen. Sie gingen nach St. Guibert in Belgien.

Pauline wollte ihr Lebenswerk nicht aufgeben. Von nun an verlagerte die Kongregation ihr Arbeitsfeld in andere Länder, vor allem nach Chile und in die USA. Auch die Generaloberin unternahm viele Reisen nach Übersee, um Kontakte zu knüpfen und den Aufbau von Niederlassungen voranzutreiben. Ihrer ohnehin schon angegriffenen Gesundheit bekam das nicht: 1880 kehrte sie ins Mutterhaus nach Paderborn zurück. Am 30. April 1881 starb sie dort nach kurzer Krankheit. 1985 wurde sie von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Vor allem in Paderborn, wo sich das Mutterhaus der Kongregation befindet, wird sie noch immer sehr verehrt.

Von Birgitta Negel-Täuber (KNA)

Dieser Artikel erschien bereits am 03. Juni 2017 auf katholisch.de und wurde nun erneut veröffentlicht.

Linktipp: Ein Traum wird zur Lebensaufgabe

Vor 200 Jahren wurde die Ordensgründerin Clara Fey geboren. 1837 eröffnete sie mit Freundinnen in ihrer Heimatstadt Aachen eine Armenschule. (Artikel vom April 2015)