Immerather verabschieden sich von ihrer Kirche

Die Messe ist gelesen

Veröffentlicht am 14.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Braunkohletagebau

Immerath ‐ In Immerath (NRW) haben mehrere Hundert Menschen Abschied von der katholischen Kirche genommen. Sie soll, wie das gesamte Dorf, dem Braunkohletagebau Garzweiler Platz machen und abgerissen werden.

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"Wir empfinden Trauer und Wehmut, manche auch Enttäuschung und Bitterkeit", sagte Pfarrer Werner Rombach am Beginn der Messe. Unter dem Leitwort "Abschied und Aufbruch" standen der Abschied von der Kirche als letztem Symbol des alten Ortes sowie der Neuanfang der Gemeinde in Immerath (neu) im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Domkapitular Rolf-Peter Cremer verlas im Auftrag des Aachener Bischofs Heinrich Mussinghoff die Entwidmungsurkunde und löschte das Ewige Licht.

Unterdessen ist die Debatte um Garzweiler in den vergangenen Tagen neu entbrannt. Medienberichten zufolge denkt der Energieriese RWE wegen der sinkenden Rentabilität über ein vorzeitiges Ende für die Braunkohleförderung im rheinischen Garzweiler nach. Das Unternehmen dementiert dies.

Der Bürgermeister von Erkelenz, wozu Immerath gehört, kündigte an, alle Vorbereitungen für die weiteren Umsiedlungen zu stoppen. In einem offenen Brief forderten alle im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf, rasch Klarheit über die Zukunft des Tagebaus zu schaffen.

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Video: © Gregory Elson

Im nordrhein-westfälischen Immerath haben am Sonntag mehrere Hundert Menschen Abschied von St. Lambertus genommen. Wie das gesamte Dorf soll die Kirche dem Braunkohletagebau Platz machen und abgerissen werden.

"Hautkrebs am Körper der Heimat"

Selbst wenn Garzweiler vorzeitig gestoppt würde - für die St. Lambertus-Kirche sowie für die Orte Immerath und Borschemich käme dies zu spät, hatte Pfarrer Werner Rombach gegenüber der Deutschen Presse-Agentur gesagt. "Der Großteil der Menschen hier ist schon weg. Was will ich mit einer Kirche in einem Ort, der nicht mehr existiert?" Sollte sich letztlich herausstellen, dass die Umsiedlungen am Ende eigentlich unnötig waren, so wäre dies aus moralischer Sicht absolut verwerflich, meinte Rombach.

In der vergangenen Woche hatte bereits der Biologe und Theologe Ulrich Lüke den Braunkohletagbau scharf kritisiert. "Diese Art von Landschaftsfraß, bei dem 200 Meter tiefe Löcher in die Gegend gegraben werden, ist wie Hautkrebs am Körper der Heimat", sagte der Professor der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen gegenüber katholisch.de.

Für Lüke ist die Braunkohle ein "energiepolitisches Auslaufmodell". Weiter sagte er: "Wenn wir in zehn Jahren darauf zurückgucken, was wir kaputtgeschlagen haben und erkennen, welche Folgekosten wir zahlen müssen, werden wir uns vor die Stirn schlagen." (meu/dpa)

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