Auch dass er darüber hinaus noch regelmäßig eine demütigere Haltung anmahnt, statt auf klerikalen Besitzständen zu beharren, gefällt nicht allen. Vor diesem Hintergrund entfaltet sich nun auch Grummeln gegen die päpstliche Intervention in die globale Debatte über den Klimaschutz. Maureen Mullarkey, Kolumnistin des katholischen Magazins "First Things", rät, Franziskus solle sich besser aus Dingen heraushalten, von denen er nichts verstehe. Sie meint, der Papst gebe mit seiner Positionierung in der Klimadebatte "Nuancierung zugunsten von apokalyptischen Alarmismus" auf. Konkret bezieht sie sich auf die Worte des Papstes, dass "wenn wir die Schöpfung zerstören, die Schöpfung uns zerstört".
Mullarkey ist die schrillste Stimme in einer Reihe von Kritikern, die Franziskus in Meinungsbeiträgen und Artikeln eine falsche Prioritätensetzung vorwerfen. Der Klimagipfel an diesem Dienstag im Vatikan und die für den Frühsommer erwartete Umweltenzyklika ragen dabei als Symbole heraus - zumal die Planer des Treffens führende Klimaforscher und Wortführer des Kampfes gegen die Erderwärmung wie Jeffrey Sachs vom "Earth Institute" der Columbia University eingeladen haben.
Robert Royal, Gründer des "Faith & Reason"-Instituts in Washington DC, befindet in einem Gespräch mit dem "National Catholic Reporter", die "sehr wichtigen Umweltfragen" seien bisher nur oberflächlich angegangen worden. "Der Heilige Stuhl stellt sich in diesem Fall auf die Seite wissenschaftlicher Erkenntnisse, die noch nicht bewiesen sind", begründet Royal seinen Vorwurf.
Lu: Papst in Umweltfragen nicht "unfehlbar"
Er argumentiert dabei klassisch, wie die Klimaskeptiker in den USA, eine kleine, aber sehr vernehmliche Minderheit jener Forscher, die den menschlichen Anteil an der Klimaveränderung infragestellen. Auch die US-Republikaner berufen sich auf jene Minderheitsstimmen, wenn sie von einem "anhaltenden wissenschaftlichen Streit" in der Frage sprechen.
Die Kolumnistin Rachel Lu hält dem Vatikan im Magazin "Crisis" vor, "pseudoreligiöse Sensibilitäten der Progressiven" zu bedienen, statt einfach anzuerkennen, dass Klimaveränderungen "normal" sind. Lu rät ihren Lesern, keinen Schlaf über die Meinung des Papstes zu verlieren. Er könne damit keine Unfehlbarkeit beanspruchen "oder auch nur größere Expertise".
Dieselbe Linie verfolgen auch katholische Meinungsführer wie der Historiker George Weigel oder der Princeton-Jurist Robert George: Alles nicht ganz so schwer nehmen - Katholiken seien nicht verpflichtet, die politischen Ansichten von Papst Franziskus zu übernehmen.
Konservative "Sorge" scheint nicht unbegründet
Katholiken in den Reihen der US-Republikaner wie John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, Chefhaushälter Paul Ryan sowie die Präsidentschafts-Aspiranten Jeb Bush, Marco Rubio, Bobby Jindal, Chris Christie oder Rick Santorum folgen bislang dieser Formel. Für sie dürfte es aber weit unangenehmer werden, wenn der Papst im September vor dem US-Kongress seinen Klartext sprechen sollte.
69 Prozent aller US-Katholiken erkennen laut einer kürzlichen Umfrage der Yale-Universität einen menschlichen Anteil an der Klimaveränderung an. Und selbst die Hälfte der republikanischen Wähler wünscht sich laut "New York Times" eine Politik, die etwas gegen den Klimawandel tut. Insofern scheint die konservative Sorge, dass Franziskus mit dem Klimagipfel und seiner Enzyklika einen Mentalitätswandel in den USA beschleunigen könnte, nicht unbegründet.