"Die Theologie interessiert ihn einfach nicht"
"Das Bedenkliche an Papst Franziskus ist die Stimmung, die er erzeugt", so Mosebach. Franziskus suggeriere, dass unter ihm eine völlig andere Kirche erfunden werde, die es in dieser Weise bislang nicht gegeben habe. Der Papst tue so, als korrigiere er "eine Fehlentwicklung von Jahrtausenden und schaffe eine neuartige Kirche ohne Dogma ohne Mystik", kritisiert der Autor.
Der Papst werfe flotte Sprüche in den Raum, mit denen er bei den Gläubigen Begeisterung auslöse, weil es "so inoffiziell, so unpäpstlich" klinge. "Und nachher hat dann die Glaubenskongregation die undankbare Aufgabe, das irgendwie zu reparieren und zu deuten, wie es nach kirchlicher Lehre zu verstehen ist", betont Mosebach. In diesem Zusammenhang wirft er dem Papst auch Desinteresse an Theologie vor: "Ich glaube, sie interessiert ihn einfach nicht". Dies sei zwar einerseits sympathisch, aber "die Simplizität von Franziskus eröffnet nicht unbedingt eine Alternative zur Theologie".
„Für das Publikum sieht es so aus: hier der dynamische, unkonventionelle, mutige Papst mit dem goldenen Herzen, dort ein verkrusteter, toter, glaubensloser, unbeweglicher Apparat. So einfach ist es aber nicht.“
Der Autor kritisiert weiter, dass Franziskus zwar einerseits die zärtliche Kirche beschwöre, andererseits aber sehr hart regiere und in die Zuständigkeiten der Bistümer eingreife. "Für das Publikum sieht es so aus: hier der dynamische, unkonventionelle, mutige Papst mit dem goldenen Herzen, dort ein verkrusteter, toter, glaubensloser, unbeweglicher Apparat. So einfach ist es aber nicht", sagt Mosebach. Er vermisse bei Papst Franziskus die Bereitschaft, sich unter das Amt des Kirchenoberhauptes zu beugen.
Hart geht Mosebach auch mit der Rede von Papst Franziskus an die Kurie ins Gericht, die kurz vor Weihnachten Schlagzeilen gemacht hatte. Darin hatte Franziskus der Kurie 15 Krankheiten attestiert - von spirituellem Alzheimer bis hin zu existenzieller Schizophrenie. Mosebach dazu: "Die Rede von Franziskus war ein starkes Stück. Wie in jeder Körperschaft gibt es auch in der Kurie fragwürdige Figuren, aber auch sehr viele loyale und pflichtbewusste Persönlichkeiten. Die wurden alle einfach mit in den Topf geworfen."
„Ich erinnere mich noch an den Augenblick im März 2013, als ein Kardinal der wartenden Menge verkündete, es sei ein neuer Papst gewählt worden, er nenne sich Franziskus. In diesem Moment wusste ich, welches Problem auf die Kirche zukommen würde.“
Kritisch äußert sich der Autor auch über die Namenswahl von Jorge Mario Bergoglio. "Ich erinnere mich noch an den Augenblick im März 2013, als ein Kardinal der wartenden Menge verkündete, es sei ein neuer Papst gewählt worden, er nenne sich Franziskus. In diesem Moment wusste ich, welches Problem auf die Kirche zukommen würde", sagt Mosebach. Franz von Assisi, auf den sich Bergoglio bei seiner Namenswahl berufen hatte, sei "nun einmal die absolute Gegenfigur zum Papsttum". Der Gegensatz zwischen dem Papstamt und einer Figur wie Franz von Assisi sei für die Kirche zwar fruchtbar, allerdings könnten die beiden Pole - die Institution Kirche einerseits, der "anarchische Christ" Franz andererseits - nicht in einer Person zusammenfallen.
Zuletzt kritisiert Mosebach auch Franziskus' Umgang mit seinem Vorgänger. Diesen sollte er nach Meinung des Autors besser ignorieren. "Das wäre das Angemessene und keineswegs anstößig. Denn ein zurückgetretener Papst existiert eigentlich nicht mehr." Dass sich Franziskus so demonstrativ von Benedikt XVI. absetze, sei dagegen pietätlos. "Wer alles anders macht, sendet auch ein deutliches Signal, dass das, was vorher war, falsch war", so Mosebach. (stz)