Ein Dinosaurier, der irritiert
Frage: Herr Beck, Sie sind der erste katholische Sprecher aus Norddeutschland seit über 20 Jahren. Erinnern Sie sich noch, was Sie damals gedacht haben, als man Sie angefragt hat?
Wolfgang Beck: Ich hatte – wohl wie die meisten in meiner Altersgruppe – ein klischeehaftes Bild vom "Wort zum Sonntag". Es war für mich ein eher angestaubtes, seniorenorientiertes Format. Meine Begeisterung hielt sich daher in Grenzen. Ich habe mich dann aber doch schnell von einem Engagement beim "Wort zum Sonntag" überzeugen lassen, weil es nach wie vor beeindruckend viele Zuschauer hat. Schon allein deshalb lohnt es sich, das ernst zu nehmen.
Frage: Das "Wort zum Sonntag" wird heute 60 Jahre alt. Wie zeitgemäß ist so eine kirchliche Sendung denn noch?
Wolfgang Beck: Wenn so ein Format gut gemacht ist, ist es zeitgemäß. Natürlich gibt es da Schwankungen und Entwicklungen, ich bin auch nicht immer mit meiner Sendung zufrieden. Aber es gibt kein Format im Fernsehen, in dem eine Person so lange spricht, ohne dass es andere Elemente wie Bilder oder Videos gibt. Von daher kann man das "Wort zum Sonntag" zwar für einen Dinosaurier halten, aber dadurch, dass es in seiner Form irritiert, hat es seine Daseinsberechtigung.
Frage: Ein kirchliches Format für das Fernsehen ist also noch nicht tot?
Wolfgang Beck: Nein. Schon für die Kirchen ist es eine riesige Chance, da es auch ein Ausdruck davon ist, dass in unserem Land Staat und Kirche in guter Form miteinander kooperieren. Da ist es nur naheliegend, dass es in staatlichen Sendeanstalten einen Platz für die Kirchen gibt. Über die Art der Sendung kann man natürlich immer diskutieren. Da gibt es ja auch schon neue Versuche wie zum Beispiel das Format "Freisprecher".
Frage: Wie wird sich das "Wort zum Sonntag" in den nächsten 60 Jahren verändern?
Wolfgang Beck: Es hat sich ja schon verändert. Erst vor kurzem wurde das neue Design eingeführt. Ich persönlich finde, dass das Format persönlicher gefärbt sein sollte. Dass wir also statt einer sachlichen Diskussion eine persönliche Diskussion führen. Das "Wort zum Sonntag" muss außerdem an Lockerheit gewinnen. Da sehe ich Nachholbedarf. Ich wünsche mir außerdem mehr jüngere Sprecherinnen und Sprecher, die nicht allzu "old-fashioned" auftreten. Aber das ist natürlich eine heiße Diskussion.
Frage: Was macht für Sie persönlich das "Wort zum Sonntag" aus?
Wolfgang Beck: Für mich ist es spannend, weil es um das Aufgreifen von aktuellen Themen geht. Das ist ähnlich wie beim Predigen. Allerdings weiß ich natürlich kaum, wer meine Zuschauer sind. Das muss ich anders berücksichtigen als bei einer Predigt vor meiner Gemeinde. Außerdem wird beim "Wort zum Sonntag" seit 60 Jahren mit einer großen Selbstverständlichkeit Ökumene gelebt. Das gefällt mir sehr.
Frage: Ist es schwierig, ein Thema in vier Minuten Redezeit auf den Punkt zu bringen?
Wolfgang Beck: Ich empfinde das als gut. Natürlich ist es manchmal schwierig, sich zu beschränken, aber gerade für Prediger ist es ein gutes Lernfeld. Denn was man in vier Minuten nicht sagen kann, kann man auch in zehn Minuten nicht sagen. Es tut gut, sich auf prägnante Aussagen zu konzentrieren und zu fokussieren. So ein Training könnte auch anderen Predigern und Predigerinnen helfen.
Frage: Warum lohnt es sich, am Samstagabend das "Wort zum Sonntag" anzuschauen?
Wolfgang Beck: Es lohnt sich, weil es nicht viele Gelegenheiten gibt, bei denen ich mir von jemandem etwas sagen lasse, der einen ganz anderen Hintergrund hat als ich. Wenn jeder mal ehrlich mit sich selbst ist und sich nach Gelegenheiten fragt, wo er sich von jemand anderen etwas sagen lässt, wird er nicht auf viele Gelegenheiten kommen. Das "Wort zum Sonntag" ist aber so eine Möglichkeit, wo ich einen Impuls bekomme, auch wenn ich im Detail vielleicht anderer Meinung bin.
Das Interview führte Sophia Michalzik