Tobias Przytarski zum Berliner Diözesanadministrator gewählt

Ein Diplomat der klaren Worte

Veröffentlicht am 22.09.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Erzbistum Berlin

Berlin ‐ Tobias Przytarski hat vieles von einem Diplomaten. Verbindlich im Ton, doch entschieden in der Sache war er mehr als zwei Jahre Generalvikar und damit Verwaltungschef des Erzbistums Berlin. Nach der Berufung von Kardinal Rainer Maria Woelki zum Kölner Erzbischof rückt Przytarski nun - wenn auch übergangsweise - an die Spitze des Hauptstadtbistums. Das Metropolitankapitel der Sankt-Hedwigs-Kathedrale wählte ihn am Montag zum Diözesanadministrator.

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Damit hat der 54-Jährige viele bischöfliche Rechte und Pflichten. So vertritt er die Erzdiözese in der Deutschen Bischofskonferenz . Entscheidungen grundsätzlicher Art, die den künftigen Erzbischof langfristig binden würden, darf der Diözesanadministrator jedoch nicht treffen. Auch enden seine Befugnisse, wenn der künftige Erzbischof sein Amt antritt, der in den kommenden Monaten in einem mehrstufigen Wahlverfahren gekürt wird.

Für seine neue Aufgabe ist Przytarski gut gerüstet. In die Führungsebene des Erzbistums rückte der gebürtige Berliner bereits unter Kardinal Georg Sterzinsky (1936-2011) auf. Nach Jahren als Gemeindepfarrer und Krankenhausseelsorger in Berlin ernannte der damalige Erzbischof ihn 2001 zum Offizial. Damit übertrug er ihm die Verantwortung für die Kirchengerichte im Erzbistum. Von 2005 bis 2012 leitete Przytarski zusätzlich das Katholische Büro Berlin-Brandenburg, das die Kirche in der Landespolitik vertritt. 2006 berief Sterzinsky ihn ins Metropolitankapitel. Das Gremium berät den Berliner Erzbischof und ist für die Gottesdienste an der Kathedrale zuständig.

Bild: ©picture-alliance/ZB/Jens Kalaene

Der Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz und die Kuppel der katholischen Hedwigskathedrale von einer Hotelterrasse aus gesehen.

Przytarski scheut nicht das offene Wort

Unter Sterzinskys Nachfolger Woelki setzte sich Przytarskis Aufstieg fort. Woelki machte ihn im März 2012 zu seinem Generalvikar, im April 2013 auch zum Vorsitzenden des Diözesancaritasverbands. Nach seiner Ernennung zum Kölner Erzbischof am 11. Juli berief Woelki ihn zum stellvertretenden Diözesanadministrator. Als weiteren Vertrauensbeweis hatte der Kardinal ihn zuvor beauftragt, den Steuerkreis der laufenden Bistumsreform "Wo Glauben Raum gewinnt" zu leiten.

In dieser Funktion steht Przytarski vor der Herausforderung , zwischen unterschiedlichen Vorstellungen zu moderieren. Umstritten ist vor allem der Plan, die derzeit 105 Kirchengemeinden zu rund 30 Großpfarreien zusammenzulegen. Bei aller bekundeten Bereitschaft zum Dialog beharrt Przytarski auf dem eingeschlagenen Weg in der Überzeugung, "dass es der richtige ist". Gleiches gilt für die geplante Sanierung der Sankt-Hedwigs-Kathedrale. Das Konzept dafür hält er ungeachtet kritischer Stimmen für eine "überzeugende Lösung".

Ein offenes Wort scheute Przytarski auch bei Woelkis Verabschiedung aus Berlin nicht. Die Schlüsselstellung Berlins für die katholische Kirche in Deutschland werde nicht überall erkannt, wenn nun zum wiederholten Mal ein Bischof in ein anderes Bistum abberufen werde, monierte er. "Ist es wirklich klug, den Berliner Bischofssitz für weniger wichtig zu halten als den Kölner?", fragte Przytarski zum Missfallen mancher kirchlicher Spitzenvertreter.

Von Gregor Krumpholz (KNA)

Stichwort: Erzbistum Berlin

Das Erzbistum Berlin umfasst das Land Berlin, den größten Teil Brandenburgs sowie Vorpommern und einen kleinen Teil Sachsen-Anhalts. In seinen derzeit 105 Kirchengemeinden leben über 400.000 Katholiken, davon rund 325.000 in Berlin. Während die Zahl der Katholiken im Raum der Bundeshauptstadt wächst, geht sie in den ländlichen Gebieten zurück. In seiner jetzigen Form wurde das Erzbistum 1994 errichtet. An seiner Spitze stand seit 2011 Erzbischof Rainer Maria Woelki, den Papst Benedikt XVI. 2012 zum Kardinal erhob und der seit September 2014 Erzbischof von Köln ist. Die historischen Wurzeln der Erzdiözese reichen bis ins 10. Jahrhundert. Die alten Bistümer Brandenburg, Havelberg, Kammin und Lebus gingen während der Reformation unter; erst im 18. Jahrhundert gab es wieder eine nennenswerte katholische Minderheit in der Region. Seit 1821 bestand eine "Fürstbischöfliche Delegatur für Brandenburg und Pommern" im Erzbistum Breslau. 1930 erhob Papst Pius XI. die dazu gehörenden Gebiete zum selbstständigen Bistum. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Teil östlich der Oder einschließlich der Hafenstadt Stettin an Polen und kam 1972 zu neu gegründeten polnischen Diözesen. Das Bistum Berlin wurde im selben Jahr unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellt. Während der Teilung Deutschlands war es bis zum Ende der DDR eine der wenigen innerdeutschen "Klammern"; der Bischof war Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz und der damaligen Berliner Bischofskonferenz. Zu der nach der Vereinigung Deutschlands errichteten Kirchenprovinz Berlin gehören die Bistümer Dresden-Meißen und Görlitz. (som/KNA)