Ein geistlicher Präsident beim Papst
Geplant war die Reise schon für Mitte November, wurde dann aber wegen der Terroranschläge von Paris verschoben. Es ist erst das zweite Treffen eines amtierenden iranischen Präsidenten mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. 1999 hatten Präsident Mohammed Khatami und Papst Johannes Paul II. (1978-2005) eine Unterredung im Vatikan.
Doch obwohl in der Islamischen Republik die Scharia gilt, ist das vatikanisch-iranische Verhältnis vergleichsweise stabil und dialogorientiert. Seit mehr als 60 Jahren bestehen diplomatische Beziehungen, die Teheran auch nach der islamischen Revolution 1979 nicht abgebrochen hatte. Selbst Hardliner wie Rohanis Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad, die im Westen nur die Mutter aller Verschwörungen sahen, haben den Vatikan nicht nur als ehrlichen Friedensvermittler gelten lassen, sondern betrachteten ihn auch als vermeintlichen Verbündeten "gegen Säkularismus und Materialismus".
Apostasie wird mit dem Tod bestraft
Lediglich 6.000 Katholiken leben laut Vatikan-Statistik im Iran. In einem Land viermal so groß wie Deutschland wirken gerade einmal 14 Priester. Wie alle religiösen Minderheiten sind die Christen dort Diskriminierungen und Repressalien ausgesetzt, auf den Glaubenswechsel von Muslimen steht der Tod. Der Vatikan antwortete darauf mit einer pragmatischen Linie und suchte früh das Gespräch mit den islamischen Machthabern. Seit zwei Jahrzehnten gibt es regelmäßige Treffen zwischen dem Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog und führenden schiitischen Theologen.
2008 kam es in Rom zur gemeinsamen Erklärung "Glaube und Vernunft im Christentum und im Islam". Sie verurteilt den gewalttätigen Missbrauch des Glaubens und ruft zu gegenseitigem Respekt der Religionen auf. Das neunte Kolloquium 2014 in Teheran wandte sich gegen Terror und Extremismus. An der schwierigen Lage der Christen im Scharia-Reich haben solche Begegnungen im akademischen Zirkel indes wenig geändert. Auch eine Papst-Audienz dürfte hier nicht viel ausrichten können.
Linktipp: Immer mehr verfolgte Christen
Im Januar hat das Hilfswerk "Open Doors" seinen Weltverfolgungsindex 2016 vorgestellt. Die islamische Republik Iran rangiert darauf auf dem neunten Platz der Staaten mit der schlimmsten Christenverfolgung.Ruhani, ein schiitischer Rechtsgelehrter, komme als Geistlicher zum Papst, nicht als Politiker, hieß es aus der iranischen Botschaft. Dennoch dürften bei der Begegnung vor allem die Einigung im 13 Jahre währenden Atomstreit und die Gewalt in Syrien und dem Irak im Vordergrund stehen. Den Atomvertrag im Juli hatte der Vatikan als wichtiges Ergebnis gelobt, aber auch eine konsequente Umsetzung gefordert. Im Syrien-Konflikt spielt der Iran eine Schlüsselrolle als wichtigster Verbündeter des Assad-Regimes neben Russland. Der Vatikan hat mehrfach Waffenlieferungen an die Konfliktparteien verurteilt. Weiteres Thema könnte die iranische Feindschaft mit Israel sein, dem Ruhani noch im November in einem Fernsehinterview das Existenzrecht abgesprochen hatte.
Iranische Exilgruppen haben Franziskus derweil aufgefordert, Ruhani auch wegen der Menschenrechtsverletzungen im Ayatollah-Staat auf den Zahn zu fühlen. Für Montag, wenn der 67-Jährige von Staatspräsident Sergio Mattarella und Ministerpräsident Matteo Renzi empfangen wird, haben sie Demonstrationen angekündigt. Ruhani war als moderater Reformer angetreten, doch die jährliche Zahl der Hinrichtungen ist seitdem noch gestiegen und weiterhin füllen Hunderte politische Gefangene die iranischen Gefängnisse. Allerdings weiß auch der Vatikan, dass das Präsidentenamt nur eine von vielen Machtbasen des Systems ist, und nicht die mächtigste. Der Wächterrat und das geistliche Oberhaupt Irans, Ali Khamenei, bleiben Bastionen der Erzkonservativen.
Spekulationen um Papstreise in den Iran
Iranische Medien spekulieren unterdessen, ob Ruhani als erster iranischer Präsident womöglich gar eine Einladung an den Heiligen Vater im Gepäck hat. Schon das wäre ein historischer Moment. Eine Sensation wäre es, wenn Franziskus sie annähme, um dort zu predigen, wo Ayatollah Khomeini einst die Islamische Revolution ausrief.