Ein Hashtag für das Gotteshaus
80 Millionen Fotos landen täglich auf Instagram. Rund 180 kamen am Donnerstagabend aus dem Bonner Münster dazu - Dutzende werden in den nächsten Tagen folgen. Zu finden sind sie unter dem Hashtag #instamuensterbn, was eine Abkürzung für den "Instagram Spaziergang im Münster in Bonn" ist. Aber selbst für diese knappe Verschlagwortung hat einer der rund 30 Teilnehmer beim Rundgang keine Geduld und schreibt unter sein Foto: "Keine Zeit für Hashtags!" Schließlich ist bei der zweistündigen Führung viel zu entdecken. Schon vor den einführenden Worten des Stadtdekanats-Sprechers Reinhard Sentis, selbst Fotografie-Fan und Instagramer, sind die ersten Bilder im Internet hochgeladen. Elvan Nojan-Lehrach alias @Elvan46 freut sich darauf, ihre virtuellen Bekanntschaften im realen Leben zu treffen. Und hinter ihr hört man: "Ach, wir sind ja schon auf Twitter befreundet." Nun auch auf dem sozialen Netzwerk Instagram, auf dem etwa neun Millionen Menschen in Deutschland Bilder und Videos teilen.
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Sentis zeigt sich gespannt auf die Premiere des "Instawalks". Er steuert optisch ansprechende Stellen des Gotteshaus an: Krypta, Chor, Orgel, Kreuzgang. Wesentlich mehr Zeit als bei normalen Führungen räumt er an den Stationen den Besuchern ein. "Wir wollen neue Zielgruppen ansprechen. Die Leute sollen die Möglichkeit bekommen, mal hinter die Kulissen zu schnuppern." Natürlich sei die mediale Aufmerksamkeit auch wichtig, um Impulse für die Sanierung des Münsters zu geben, die mehr als 20 Millionen Euro kosten soll. Risse und brüchige Wände sind jedoch auf den #instamuensterbn-Fotos nicht eingefangen - eher die Schönheit des Details. "Die Instagramer sprechen die Sprache der Ästhetik", erklärt Felix Neumann, Social-Media-Mitarbeiter des Internetportals katholisch.de. Ein großer Schatz des Glaubens sei nicht nur das Wort, sondern auch das Bild. "Mit dem 'Instawalk' wollen wir den künstlerischen Ausdruck des Glaubens in die Welt bringen." Die Teilnehmer seien Multiplikatoren, sie hätten teils 500 Follower.
Die nächsten #instakirche-Termine stehen schon fest: Im Mai beim Katholikentag in Leipzig und im Juni die Dome in Essen und Würzburg. Köln und Hamburg sind laut katholisch.de in der Planung, und rund zehn weitere Kirchen und Klöster haben ihr Interesse angemeldet. Münster-Sprecher Sentis möchte die Veranstaltung gerne wiederholen.
Bis auf zwei Ausnahmen knipsen alle mit ihren Smartphones. "Instagram ist aktuell, unterwegs, spontan und deswegen sind Handys sinnvoll", erklärt Irmgard Blomenkemper, als sie von der Orgel steigt. Denn zufällig ist die Kölnerin - eigentlich Teilnehmerin des "Instawalk" - Organistin und spielt am Donnerstag gerne ein Stück. Der Applaus fällt etwas spärlich aus - weil die meisten ihr Telefon in der Hand halten. Auch Teilnehmerin @bonntouren filmt und lädt den Clip hoch, für jeden weltweit einsehbar.
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Instawalkerin Johanna hat gar keine Hand frei zum Klatschen. Sie hält links einen externen Akku, rechts das Smartphone. Sie benötigt die Energie, denn sie möchte ihre Freunde mit der App Periscope bedienen - Videodirektübertragung in Echtzeit. So sind die Ausführungen von Sentis über die Heilige Helena in Bronze live im Netz zu sehen. Münster-Hausherr, Stadtdechant Wilfried Schumacher, zeigt sich erstaunt über die anderen Perspektiven, die diese Art der Führung erbringen. "Es ist eine Internet-Eroberung einer Kirche", sagt er nach der Veranstaltung beim Erfahrungsaustausch mit seinen Gästen. Teilnehmer @le_monde_de_maman ist auch begeistert und kommentiert auf Instagram: "Wir hatten das Münster nur für uns, das war echt toll!"
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