Ein ministrierender Iraner
Milad Ramezanpour steht in der Sakristei und schenkt Wein in eine kleine Karaffe. Der nächste Gottesdienst wird vorbereitet und der junge Iraner hat gelernt, welche Dinge zu erledigen sind. Mehrmals wöchentlich ministriert der 27-Jährige bei Werktagsmessen in der Pfarrei St. Anton in Nürnberg. "Ich fühle mich sehr wohl hier", sagt Ramezanpour. "Auch die Gottesdienste gefallen mir sehr."
Und auch wenn er kein Senegalese ist - Ramezanpour lebt Tag für Tag, was CDU-Generalsekretär Andreas Scheuer in seiner umstrittenen Äußerung skizziert hat. Für ihn bietet die Kirche festen Halt und eine sinnvolle Aufgabe - wichtige Voraussetzungen für eine Integration in die deutsche Gesellschaft. Der dunkelhaarige, ernst dreinblickende Iraner lebt seit einem Jahr in Deutschland. In seiner Heimat hatte er viele Probleme mit der Familie und der Politik. Über Details - auch zu seiner Religion - spricht er nur ungern. Sein Asylverfahren läuft noch. Wieder in seine Heimat zurückzukehren kann sich Ramezanpour jedenfalls nicht vorstellen.
Kontakt zur Gemeinde über Bekannte
Den Kontakt zur Pfarrei St. Anton in Nürnberg fand der eigentlich in Dietenhofen im Landkreis Ansbach lebende Iraner über Bekannte. In der Gemeinde im Nürnberger Stadtteil Bärenschanze hat er Anschluss gefunden. Inzwischen wohnt er über dem Pfarrbüro - und engagiert sich regelmäßig als Messdiener. Der Pfarrer der Gemeinde St. Anton, Andreas Müller, ist nach vielen schwierigen Gesprächen mit dem nur wenig Deutsch sprechenden Iraner überzeugt davon, dass es Ramezanpour mit seinem kirchlichem Engagement um mehr geht als um ein Sprungbrett in die deutsche Gesellschaft. "Ramezanpour hat sich wirklich dem Christlichen zugewandt."
Dabei habe der Iraner seinen Weg zum Christentum erst auf seiner Flucht gefunden. In der Türkei habe er die Bibel kennengelernt und angefangen, sich damit zu beschäftigen. Seitdem setze er sich intensiv mit der christlichen Lehre auseinander - der Weg zur katholischen Kirche in Bayern sei da nicht weit. Ramezanpour soll bald auch offiziell Mitglied der Gemeinde werden: An Ostern steht die Taufe des jungen Iraners an.
Sechs Flüchtlinge bei den Ministranten
Die Äußerungen von Scheuer sieht Pfarrer Müller kritisch - wie auch viele andere in der katholischen Kirche: "Herr Scheuer hat sich sehr unglücklich ausgedrückt. Aber eins stimmt: Je besser die Flüchtlinge integriert sind, desto schwerer sind sie abzuschieben." Das sei allerdings kein Grund, die Flüchtlinge nicht zu integrieren. "Die Alternative wäre ein Flüchtling, der allein im Lager sitzt, während das Verfahren abgewickelt wird", sagt Müller. Er hält dies nicht für richtig - und ist mit seiner Gemeinde bereit, jeden aufzunehmen. Derzeit gehören sechs Flüchtlinge zum Team der Ministranten. "Die Willkommenskultur wird hier gepflegt", sagt Müller.
Weitaus deutlicher drückte sich am Mittwoch Kardinal Reinhard Marx aus: Im ARD-"Morgenmagazin" mahnte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz eine "rote Linie" im Umgang mit Flüchtlingen an. "Natürlich gibt es unter Christen immer unterschiedliche politische Meinungen, auch politische Parteien, die man dann wählt", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz . "Es gibt ein paar Linien, auf die muss man sich dann schon einlassen." Dazu gehöre, dass jeder Schutzsuchende in Deutschland menschenwürdig behandelt werde und ein faires Asylverfahren bekomme. Auch müsse politisch und finanziell mehr getan werden, damit Menschen nicht aus ihrer Heimat fliehen müssten.