"Ein ökumenisches Ereignis"
Der Text, der bereits im vergangenen Jahr von den Mitgliedern angenommen wurde, wurde am Mittwoch in Würzburg von den bischöflichen Vorsitzenden des Arbeitskreises, Kardinal Karl Lehmann und Martin Hein, am Rande der ÖAK-Jahrestagung vorgestellt. Er ist bei Herder und Vandenhoeck __amp__ Rupprecht als Taschenbuch erschienen.
"Der ÖAK trägt im Konzert der vielen Meinungen zum Gedenkjahr 2017 etwas bei, was an anderen Orten in dieser Form nicht geschieht: eine Zusammenschau der historischen Rekonstruktion der Ereignisse im 16. Jahrhundert in Verbindung mit grundlegenden Fragen des Kirchenverständnisses unter dem leitenden Gesichtspunkt der Reformbedürftigkeit sowie der Reformfähigkeit aller Kirchen", schreiben die Herausgeber, die katholische Theologin Dorothea Sattler (Münster) und ihr evangelischer Kollege Volker Leppin (Tübingen), in ihrer Einführung.
In der Kritik konstruktiv bleiben
Der vergleichsweise kurze Text - er umfasst 42 Druckseiten, hinzukommen die 12 Seiten der Einführung, beides auch mit Blick auf die internationale Debatte in englischer Übersetzung - geht dies in drei Schritten an. Der historische Teil zeichnet in knappen Zügen nach, wie die als theologische Reformbewegung gestartete Reformation zur ursprünglich nicht beabsichtigten Herausbildung verschiedener Konfessionskirchen führte.
Ein zweiter, systematischer Teil geht von der Intention der Reformatoren aus, "nicht die christliche Kirche zu verlassen, sondern sie im Geiste des Evangeliums zu erneuern". Das "Moment des Reformatorischen" müsse "gerade auch im Verständnis der Kirche gesucht werden und von daher konzentriert als theologische Kategorie bedacht" werden. Im dritten Teil beschreiben die Autoren aktuelle ökumenische Herausforderungen. "Es ist dabei eine Herausforderung, die Stärken der verschiedenen anderen kirchlichen Traditionen wahrzunehmen und zu würdigen, aber auch in der Kritik konstruktiv zu bleiben", so die Theologen, die anschließend auf die "Lerngeschichten" der vergangenen Jahrzehnte zurückblicken.
Anders als das vom Päpstlichen Einheitsrat und dem Lutherischen Weltbund 2013 vorgelegte und vom Ansatz ähnliche Studiendokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft. Gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken im Jahr 2017", das mit "Fünf ökumenischen Imperativen" schließt und damit auf die Praxis zielt, verzichtet der ÖAK-Text auf eine Kernthese. So begnügt er sich mit dem wenig aufsehenerregenden Arbeitstitel "Reformation 1517-2017. Ökumenische Perspektiven".
Freudiges Feiern und selbstkritische Besinnung
Zur strittigen Frage, ob der Jahrestag Anlass zur "Feier" des Jubiläums oder zum "Gedenken" an die leidvollen Folgen sein solle, lautet die Devise: "sowohl freudiges Feiern der Reformation als auch selbstkritische Besinnung". Es gelte, "an einer gemeinsamen, ökumenischen Deutung und Bewertung des Geschehens auch im Sinne einer gemeinsamen Wertschätzung der Reformation zu arbeiten".
Eher skeptisch zeigen sich die Theologen im Blick auf die Perspektive einer "sichtbaren Einheit der Kirche(n)". Dies hängt auch damit zusammen, dass "in der gegenwärtigen Zusammensetzung des ÖAK die Zahl der Theologen und Theologinnen gewachsen ist, die die Pluralität der Kirchen eher als Anlass zur Wertschätzung denn als Grund zur Besorgnis wahrnehmen", wie die Herausgeber in ihrer Einführung betonen. Konsequent ist deshalb ihre Forderung, "dass die evangelischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche einander explizit als Kirchen Jesu Christi anerkennen" sollen.
Sie folgen damit eher dem protestantischen als dem katholischen Begriff von Ökumene. "Das Gedächtnis an die Reformation", heißt es abschließend, "ist ein ökumenisches Ereignis, durch das die Gemeinschaft zwischen den evangelischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche vertieft werden kann".
Von Norbert Zonker (KNA)