Mexikanischer Priester soll mehr als 100 Kinder missbraucht haben

Ein schrecklicher Verdacht

Veröffentlicht am 30.01.2016 um 00:01 Uhr – Von Tobias Käufer (KNA) – Lesedauer: 
Missbrauch

Mexiko-Stadt  ‐ Die Vorwürfe sind ungeheuerlich: Ein katholischer Priester soll 100 indigene Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Der Fall sorgt in Mexiko kurz vor dem Papstbesuch für Schlagzeilen.

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Neu ist der Umfang der Taten, die er begangen haben soll, und deren Umständen: So soll der Geistliche seine Opfer mit Alkohol gefügig gemacht haben. Viele der Betroffenen trauten sich nicht, über die Vorfälle zu sprechen, andere hätten wegen des Alkoholeinflusses Probleme gehabt, die Geschehnisse richtig zu deuten und einzuordnen.

Der Fall erinnert in seiner Dimension an den Skandal um Marcial Maciel Degollado (1920-2008). Der mexikanische Gründer des Ordens der Legionäre Christi missbrauchte Minderjährige sexuell, zeugte mit zwei Frauen drei Kinder und beging weitere schwere Verfehlungen. In der mexikanischen Öffentlichkeit wurde er zur negativen Symbolfigur für die Kirche. Dem Vatikan wurde vorgeworfen, er habe die Anschuldigungen gegen Maciel zu dessen Lebzeiten nur halbherzig verfolgt. Es hieß, gegen den Freund von Johannes Paul II., der über einen guten Draht zum damaligen Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano verfügte, habe der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, nicht viel zu unternehmen vermocht.

Papst soll mit Missbrauchsopfern zusammentreffen

Auch deshalb steht das Thema Missbrauch während des Besuchs von Papst Franziskus in Mexiko (12. bis 18. Februar) auf der Agenda. Lokalen Medien zufolge wird das Kirchenoberhaupt aus Argentinien mit Missbrauchsopfern katholischer Geistlicher zusammentreffen. Sowohl der Erzbischof von San Luis Potosi, Jesus Carlos Cabrero, als auch der Leiter Netzwerkes der Opferorganisation SNAP hätten um ein entsprechendes Treffen mit Franziskus gebeten. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass uns der Papst empfangen wird, weil er dies auch schon bei seinen vorherigen Auslandsreisen getan hat", sagte SNAP-Sprecher Joaquin Aguilar. Das Treffen soll demnach in der päpstlichen Nuntiatur stattfinden.

Bild: ©picture alliance/dpa Fotografia

Der aktuelle Missbrauchsfall erinnert an den des mexikanischen Gründers der "Legionäre Christi", Marcial Maciel Degollado (l.).

Ob die aktuellen Skandalberichte einen Schatten auf den Papstbesuch werfen, bleibt abzuwarten. Vor allem im Bundesstaat Oaxaca schlagen die Wellen hoch. Oaxacas Erzbischof Jose Luis Chavez Botello steht im Zentrum der Kritik. Er soll, so lauten die Vorwürfe, nicht alle Informationen in dem Missbrauchsfall rund um die indigenen Kinder an den Vatikan weitergeleitet haben.

Erzbischof Chavez bestreitet die Vorwürfe energisch

Chavez bestreitet die Vorwürfe energisch; nach Darstellung mexikanischer Medien soll er einen Priester wegen "Verleumdung" suspendiert haben, der den mutmaßlichen Opfern half, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Der amtsenthobene Geistliche Apolonio Merino sorgte indes für eine Überraschung: In einem Fernsehinterview warf er der Kirche Doppelmoral vor. Schätzungsweise 70 Prozent der katholischen Priester in Oaxaca lebten in Beziehungen und hätten Kinder, sagte Merino. Auch er selbst habe eine eigene Familie.

Angesichts der neuen Missbrauchsvorwürfe haben katholische Geistliche und FONI Papst Franziskus persönlich zum Durchgreifen aufgefordert. Franziskus müsse sich für eine kirchenrechtliche wie auch zivilrechtliche Bestrafung des Beschuldigten einsetzen. Der frühere Priester Alberto Athie, der sich für Missbrauchsopfer mexikanischer Kirchenmitarbeiter einsetzt, sagte dem Bericht zufolge, er habe einen Brief mit entsprechenden Forderungen an den Papst an die Vatikanbotschaft in Mexiko-Stadt übergeben. Allerdings wird gegen den beschuldigten Geistlichen ohnehin schon ermittelt. Er sitzt in Haft und wartet auf ein Urteil wegen zweier bereits bekannter Missbrauchsfälle.

Von Tobias Käufer (KNA)