Ein stiller Knall
Auch Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte, der Palästinenserpräsident und das israelische Staatsoberhaupt hätten die Aufforderung des Papstes angenommen. Einen Termin nannte er nicht. Da die Amtszeit des 90 Jahre alten Peres am 15. Juli endet, wird mit einem Treffen vor diesem Termin gerechnet.
Die Initiative des Papstes sei mit Abbas und dem Friedensnobelpreisträger Peres vorher abgesprochen worden, sagte Lombardi. Ursprünglich sei eine solche Begegnung schon für den Papstbesuch angedacht gewesen. Dies habe sich jedoch nicht verwirklichen lassen.
Umstrittene Gesten
Nach Einschätzung der israelischen Zeitung "Haaretz" (Onlineausgabe Sonntag) dürfte ein Friedenstreffen von Peres mit Abbas den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verstimmen. Dieser betrachte Aussöhnungsversuche derzeit mit Ablehnung, weil die Palästinenserführung wieder die Nähe zur militanten Hamas suche.
Israelische Medien hatten das Treffen mit dem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas heftig kritisiert. Mit der Begegnung in Bethlehem habe der Nahost-Besuch des Papstes trotz der vorab erklärten strikt religiösen Absicht eine politische Wende erhalten, berichtete der nationalistisch ausgerichtete israelische Sender Arutz Scheva am Sonntag.
Franziskus habe im Präsidentenpalast von einem "Staat Palästina" gesprochen und Abbas einen "Mann des Friedens" genannt. Abbas wiederum habe in seiner Rede israelische Versuche einer Judaisierung Jerusalems kritisiert.
Der Sender kritisierte zudem, dass Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bereits im Vorfeld der Reise ein Recht der Palästinenser auf einen souveränen und unabhängigen Staat verteidigt habe. Weiter betonte "Arutz Scheva", Papst Franziskus sei "bemerkenswert schmallippig zur gewaltsamen Verfolgung von Christen in Bethlehem" und habe sich stattdessen entschieden, angeblich wachsenden jüdischen Vandalismus zu verurteilen.
Eine Tragödie
Umstritten auch die Friedensgeste an der israelischen Sperrmauer: Tief versunken stand das Oberhaupt der katholischen Weltkirche vor der mehr als fünf Meter hohen, verrußten Betonmauer. Kurzentschlossen, wie es seine Art ist, hatte er sein Papamobil am Sonntag bei einer Fahrt durch Bethlehem stoppen lassen und sich unter die Menge gemischt. In sich gekehrt verharrte er dann am steingewordenen Symbol des Nahost-Konflikts und des Leidens der Palästinenser. Er betete minutenlang.
Sein Vorgänger Benedikt XVI. hatte das Bauwerk, mit dem sich Israel vor Angriffen extremistischer Palästinenser schützen will, einst als Tragödie bezeichnet. Franziskus wählt eine ganz schlichte aber starke Geste: er berührt den Beton sachte mit der Stirn, so als ob es eine Art palästinensische Klagemauer wäre. Seine Botschaft auf der Reise durch drei Länder ist ebenso schlicht und stark: Menschen brauchen Frieden und keine Mauern.
Franziskus rief zu Toleranz und Dialog zwischen den Religionen auf. Er komme als Pilger ins Heilige Land, sagte er. Mit seiner Bedeutung für Juden, Christen und Muslime sei Israel ein "geistiger Bezugspunkt für einen großen Teil der Menschheit". Um Intoleranz und Gewalt zu unterbinden, dürfe es keinen Raum für "Instrumentalisierung und Überbetonung der eigenen Religionszugehörigkeit" geben.
Entschiedener Kampf gegen Antisemitismus
Der Papst forderte einen entschiedenen Kampf gegen Antisemitismus. Die Abwehr jeder Form von Intoleranz müsse schon mit der Erziehung beginnen. Zugleich verurteilte er den "brutalen Angriff" auf das Jüdische Museum in Brüssel. Den Opfern sagte er sein Gebet zu.
Papst Franziskus hat zuvor an die Wiege des Christentums besucht. Am zweiten Tag seiner Nahost-Reise besuchte er die Geburtskirche in Bethlehem. Sie steht nach christlicher Tradition an dem Ort, wo vor 2.000 Jahren Jesus geboren wurde. In der Krypta des Gotteshauses, der sogenannten Geburtsgrotte, verweilte Franziskus für einige Minuten im Gebet.
Ein 14-zackiger silberner Stern markiert dort auf dem Boden die genaue Stelle der Geburt. Er trägt die lateinische Aufschrift: "Hier hat die Jungfrau Maria Jesus Christus geboren". Zuvor hatte Franziskus mit 20 palästinensischen Flüchtlingen in einem Pilgerheim ein Mittagessen eingenommen.
Der Geburtsort Jesu
An der Stelle, an der Maria in einer Höhle Jesus geboren haben soll, wurde unter Kaiser Konstantin 326 der Vorgängerbau der heutigen Kirche errichtet. Der Hauptaltar der im sechsten Jahrhundert neu erbauten Basilika befindet sich über einer zwölf mal zehn Meter großen Grotte.
Die Geburtskirche ist Teil eines 12.000 Quadratmeter großen Komplexes von Kreuzgängen, Klöstern, Grotten und weiteren Kirchen. So ist die katholische Katharinenkirche direkt mit der Geburtsbasilika verbunden. Weiter gehören ein lateinischer, ein griechisch-orthodoxer und ein armenischer Konvent dazu. Die Basilika selbst wird von diesen drei Konfessionen gemeinsam verwaltet. Seit mehr als 1.600 Jahren leben hier Mönche.
2012 setzte die Weltkulturorganisation UNESCO den Komplex der Geburtskirche auf die Liste des Weltkulturerbes. Bis September 2014 werden derzeit das dringend renovierungsbedürftige Dach sowie Fenster instand gesetzt - der erste größere Eingriff an der Kirche seit rund 200 Jahren.
Umkämpftes Gotteshaus
Im Lauf der Jahrhunderte war das Gotteshaus, eine der ältesten komplett erhaltenen Kirchen überhaupt, immer wieder umkämpft, etwa zwischen Muslimen und christlichen Kreuzrittern. Nach dem Siegeszug des Islam im siebten Jahrhundert wurde die Stätte durch eine Anordnung des Kalifen Omar zu einem Bethaus für Christen und einzelne Muslime erklärt.
Die Zeit der Kreuzfahrer, die den Gebäudekomplex stark ausbauten, brachte Reichtum auch für die Stadt Bethlehem. Im 12. Jahrhundert wurden die Wände der fünfschiffigen Basilika mit kostbaren Mosaiken verziert. Sie gehören - neben 36 Säulen und fein gearbeiteten Bodenmosaiken aus dem Vorgängerbau des vierten Jahrhunderts - zu den vielen Kunstschätzen der Geburtskirche. (mir/KNA/dpa)