Ein Verbrechen! Oster bittet Betroffene um Vergebung
Bischof Stefan Oster hat die Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester "im Namen der Kirche von Passau aufrichtig um Vergebung" gebeten. Am Freitag veröffentlichte das Bistum Passau auf seiner Internetseite eine zwölfminütige Videobotschaft. Die bereits bekanntgewordenen Ergebnisse einer von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebenen Studie seien "verheerend für die Kirche, für unsere Glaubwürdigkeit, aber mehr noch natürlich für die Menschen, die durch Verantwortliche der Kirche großes Leid erlitten haben", sagte der Bischof.
Oster fügte hinzu, dass er selbst den Inhalt der Studie noch nicht kenne. Dieser werde den deutschen Bischöfen von den Forschern erst am 25. September bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda vorgestellt.
In seiner Videobotschaft wandte sich der Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz an alle, "die wieder einmal an der Kirche leiden", vor allem an die "Geschwister, die Leid durch Missbrauch in der Kirche erfahren mussten". Auch er fühle Wut, Traurigkeit, Fassungslosigkeit, Scham und Entsetzen über das Geschehene. Durch den "großen Mut" einiger, die an die Öffentlichkeit gegangen seien, habe die Kirche bereits früher von den Verbrechen erfahren, die jetzt noch einmal von der Studie "schonungslos ans Licht gebracht" würden. Dabei sei das, "was wir inzwischen wissen, bestimmt noch nicht alles", aber für sich gesehen schon "furchtbar genug".
Jeder Übergriff auf ein Kind, einen Jugendlichen, einen Schutzbefohlenen sei einer zu viel, so der Bischof. Sehr vieles, was passiert sei, "ist schlicht ein Verbrechen am Leben eines Menschen". Und auch in diesen Tagen höre es offenbar noch nicht auf. "Vieles war sytsemisch", sagt Oster. Allzu oft sei es um den Schutz der Institution oder den Ruf des Priestertums gegangengegangen
Gleichzeitig ermunterte Oster die Gläubigen, in der Kirche zu bleiben. "Kämpfen Sie mit, dass der eigentliche Lebensgrund der Kirche wieder neu sichtbar und erfahrbar wird. Helfen Sie uns bei der Reinigung der Kirche, bei der schonungslosen Aufklärung", so der Bischof.
Koch: Missbrauch darf in unserer Kirche keinen Platz haben
Auch der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, räumte in einem ebenfalls am Freitag veröffentlichten Schreiben an die Kirchengemeinden ein, dass die vorab bekannt gewordenen Ergebnisse der Studie "Anlass zu Unruhe und Ärgernis" geben. Er rief die Gemeindemitglieder zur Wachsamkeit auf. "Missbrauch darf in unserer Kirche keinen Platz haben", betonte er.
"Wenn Sie von Vorwürfen hören oder selbst betroffen sind oder waren, so wenden Sie sich an die Beauftragte für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen durch Kleriker, Ordensangehörige oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, Sigrid Richter-Unger", riet Koch. Er rief die Gemeinden auch auf, das Thema Missbrauch unter anderem in den Fürbitten der Sonntags-Gottesdienste aufzugreifen.
Als Konsequenz aus der Studie will der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck über die Sexualmoral sowie Machtfragen in der Kirche diskutieren und schließt dabei grundsätzliche Veränderungen nicht aus. Er wolle die Ergebnisse der Studie "sehr ernst zu nehmen", versichert Overbeck in einem Brief an die Kirchengemeinden seines Bistums, der am Wochenende in allen Gottesdiensten verlesen wird. Dazu gehörten "vor allem auch die alarmierenden Hinweise, dass einige Vorstellungen und Aspekte unserer katholischen Sexualmoral sowie manche Macht- und Hierarchiestrukturen sexuellen Missbrauch begünstigt haben und immer noch begünstigen", so der Bischof. Darüber müsse in der Bischofskonferenz, aber auch in der gesamten Kirche "offen und angstfrei" gesprochen werden, um die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
Nach den Worten des Würzburger Bischofs Franz Jung wurde der Umgang mit Missbrauch in den vergangenen Tagen auch beim Einführungskurs für neue Bischöfe in Rom angesprochen. Ein ganzer Tag sei diesem schwierigen Thema eingeräumt worden, "das die Kirche sehr belastet", sagte Jung am Freitag in einem Videostatement auf der Facebook-Seite des Bistums Würzburg. Es sei zugleich auch "ein Anruf zur inneren Umkehr und geistlichen Erneuerung, um wirklich Diener der Freude des Evangeliums sein zu können", so der Bischof.
Am Mittwoch waren erste Ergebnisse einer im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erstellten Studie bekanntgeworden. Demnach gab es zwischen 1949 und 2014 insgesamt 3.677 Opfer sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Priestern. Anschließend hatten sich bereits die Deutsche Bischofskonferenz, der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, Bambergs Erzbischof Ludwig Schick und Essens Generalvikar Klaus Pfeffer dazu geäußert. (bod/tmg/KNA)
14.9., 13:30 Uhr: Ergänzt um Statement von Bischof Overbeck. 17:20 Uhr: Ergänzt um Statement von Bischof Jung.