Eine Personalie, Geld und viele Ehrenamtliche
"Wir werden in den nächsten Tagen klären, welche Aufgaben der Sonderbeauftragte im Einzelnen übernimmt, der subsidiär und damit unterstützend für die Bistümer wirken soll. Schon jetzt steht fest, dass die Sorge um Wohnraum für Flüchtlinge ein erstes Schwerpunktthema sein wird", so Marx. Außerdem gehe es um die weitere Erhebung der vielfältigen Aktivitäten und Empfehlungen zur Qualifizierung kirchlicher Flüchtlingsarbeit beispielsweise in den Kirchengemeinden.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz stellte während der Pressekonferenz auch aktuelle Zahlen der Flüchtlingshilfe der katholischen Kirche vor, die in diesem Jahr bereits 98,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe. Die deutschen Bistümer hätten mehr als 66,5 Millionen Euro an Sondermitteln für die Hilfe für Flüchtlinge bereitgestellt; die kirchlichen Hilfswerke unterstützten darüber hinaus Projekte für Flüchtlinge im Ausland mit 32,1 Millionen Euro.
100.000 Ehrenamtliche im Einsatz für Flüchtlinge
Neben der finanziellen Hilfe hätten Bistümer, Hilfswerke, katholische Verbände, Orden und Gemeinden vor Ort auch durch mindestens 800 mietfrei zur Verfügung gestellte Unterkünfte sowie den Einsatz von mehr als 3.000 hauptamtlichen Mitarbeitern Unterstützung geleistet. Insgesamt sind nach Schätzungen der Bischofskonferenz in der katholischen Flüchtlingshilfe derzeit bundesweit mindestens 100.000 Ehrenamtliche im Einsatz.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der auch Vorsitzender der Caritas-Kommission der Bischofskonferenz ist, äußerte sich in dem Pressegespräch beeindruckt von der Hilfsbereitschaft in den Pfarrgemeinden. "In Köln engagieren sich mittlerweile viele Menschen in unterschiedlichen Projekten dafür, Flüchtlingen ein herzliches Willkommen zu bereiten. Flüchtlinge unterstützen wir auch, indem wir uns öffentlich für eine ihre Würde achtende Politik einsetzen." Es müsse nun verstärkt darum gehen, den Menschen sowohl in ihrer Heimat als auch in Deutschland bessere berufliche Perspektiven zu eröffnen, so der Erzbischof von Köln.
Trelle: Immense Herausforderungen für die gesamte Gesellschaft
Auch der Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Hildesheims Bischof Norbert Trelle, unterstrich die aktuellen Herausforderungen: "Die steigenden Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen stellen unsere gesamte Gesellschaft vor immense Herausforderungen. In dieser schwierigen Situation sind sich die Christen in unserem Land ihrer besonderen Verantwortung für das Gemeinwesen bewusst."
Von der Kirche sei ein wacher Blick für die großen Aufgaben gefordert, die nur gesamtgesellschaftlich bewältigt werden könnten. "Deshalb sind wir bemüht, unsere Kräfte, so gut es geht, zu mobilisieren, um den Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, mit der gebotenen Kreativität und Flexibilität zu helfen."
Bambergs Erzbischof Ludwig Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz ist, erinnerte an die globale Verantwortung: "Mit ihren Partnern vor Ort tragen unsere Hilfswerke dazu bei, dass Menschen auf der Flucht überleben und in den Flüchtlingscamps oder in schlichten Wohnungen menschenwürdige Verhältnisse vorfinden." Hierbei gehe es um ganz elementare Aufgaben: um den Zugang zu sauberem Wasser und zu Medikamenten, um genug Nahrungsmittel oder um warme Kleidung für den Winter. "Für viele Opfer ist auch die Bearbeitung der Traumata unverzichtbar, wenn sie je wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken sollen", so Schick.
Linktipp: "Weil Jesus es uns aufgetragen hat"
Die Flüchtlingskrise ist den Bischöfen wirklich ein Herzensanliegen, sagt Angelo Stipinovich. Der Pfarrer aus dem hessischen Viernheim war zu Gast bei der Bischofskonferenz und hat dort von dem großen Engagement seiner Pfarrei in der Flüchtlingshilfe berichtet. Im Interview mit katholisch.de erzählt er, was das besondere an der Arbeit in seiner Gemeinde ist und wie sein Bericht bei den Bischöfen ankam.Deutliche Kritik an CSU-Treffen mit Viktor Orban
Kardinal Woelki kritisierte bei der Pressekonferenz mit deutlichen Worten das für Mittwoch geplante Treffen der CSU-Landtagsfraktion mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban im oberfränkischen Kloster Banz. Er wandte sich gegen Politiker, "die Mauern und Zäune gegen Flüchtlinge" errichten wollten. Die Bischöfe wollten dagegen den Schulterschluss mit jenen Kräften suchen, die Menschen in Not Hilfe anbieten wollten. Der Schutz von Notleidenden und Flüchtlingen sei zentral für die christliche Botschaft.
Die Bischöfe warnten darüber hinaus vor einer Aushöhlung des Asylrechts. Die Flüchtlingskrise erfordere eine "langfristig ausgerichtete Kultur der Gastfreundschaft und Integration" in Deutschland, sagte Kardinal Marx. Den Flüchtlingen in Deutschland müssten von Anfang an aussichtsreiche Bildungs- und Berufsperspektiven eröffnet und eine aktive Teilhabe am Gemeinwesen ermöglicht werden, ergänzte Migrationsbischof Trelle. "Jeder Mensch, der in unserem Land um Schutz bittet, hat ein Recht auf ein individuelles, rasches, faires und unvoreingenommenes Asylverfahren - und zwar unabhängig von seinem Herkunftsland", betonte er. Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten betrachte die Bischofskonferenz weiterhin kritisch.
Gespräch mit Praktikern
Die Beratungen zur Flüchtlingskrise nahmen an den ersten beiden Tagen der Vollversammlung breiten Raum ein. Anstelle des traditionellen Eröffnungsreferats des Vorsitzenden der Bischofskonferenz fand am Montag ein Gespräch mit Praktikern der Flüchtlingshilfe statt. Dabei diskutierten die Bischöfe mit den Oberbürgermeistern von Brandenburg an der Havel und Darmstadt, dem Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Henkel, der Migrationsbeauftragten des Bistums Magdeburg sowie dem Viernheimer Pfarrer Angelo Stipinovich und Kibreab Habtemichael, der selbst als Flüchtling aus Äthiopien nach Deutschland gekommen ist und jetzt anderen Flüchtlingen zur Seite steht.
Bereits vor anderthalb Wochen hatte das bundesweite Jahrestreffen zum Abschluss des Gesprächsprozesses in Würzburg eine Erklärung zur Flüchtlingsfrage verabschiedet. Sie wurde von der Vollversammlung der Bischöfe als positives Signal in die Gesellschaft hinein gewürdigt. Mit der Erklärung hätten Bischöfe und Laienvertreter gemeinsam gezeigt, dass die Flüchtlingsproblematik eine gesamtkirchliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. (mit Material von KNA)