Betroffener litt an unheilbarer Krankheit im Enstadium

Erstmals aktive Sterbehilfe bei Minderjährigem

Veröffentlicht am 17.09.2016 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Belgien

Antwerpen ‐ Zum ersten Mal ist die gesetzlich erlaubte Sterbehilfe für Minderjährige in Belgien angewandt worden. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte die Regierungen in Deutschland und Europa scharf.

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Erstmals seit der Freigabe 2014 hat in Belgien ein Minderjähriger aktive Sterbehilfe erhalten. Das teilte der Vorsitzende der zuständigen nationalen Kontrollbehörde, Wim Distelmans, laut der Zeitung "Het Nieuwsblad" vom Samstag ohne weitere Details mit. Der oder die Betroffene habe an einer Krankheit im Endstadium gelitten. Zum Glück gebe es nicht viele Kinder und Jugendliche in einer vergleichbaren Situation, so Distelmans. Das bedeute freilich nicht, "dass wir ihnen das Recht auf einen würdigen Tod vorenthalten dürfen".

Aus dem Vatikan kam heftiger Protest. Das belgische Sterbehilfe-Gesetz nehme Kindern das Recht auf Leben, kritisierte Kardinal Elio Sgreccia laut Radio Vatikan. "Diese Entscheidung wendet sich nicht nur gegen die Empfindungen aller Religionen, die sämtlich ihre Stimme in Belgien erhoben haben, sondern auch gegen den menschlichen Instinkt, denn vor allem verletzlichen Minderjährigen muss mit Medikamenten und mit moralischem, psychologischem und spirituellem Beistand geholfen werden", so Sgreccia.

Die Italienische Bischofskonferenz verurteilte den Fall als "Signal des Todes". Das Leben sei "heilig und muss immer angenommen werden", sagte der Vorsitzende, Kardinal Angelo Bagnasco. Er rief Glaubende und Nichtglaubende auf, dem Leben durch ihr konkretes Zeugnis einen unantastbaren Wert zu geben.

Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert Politiker

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf der Politik in Deutschland und Europa Untätigkeit vor. "Niemand nimmt eine solche Lizenz zum Töten zum Anlass, Belgiens Menschenrechtsstandards zu hinterfragen", sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Weder Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz noch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seien zu diesem Thema zu hören. "Tötung auf Verlangen ist offenbar kein Aufreger mitten in Europa", kritisierte Brysch.

Belgien ist das einzige Land weltweit, in dem auch unheilbar kranke Kinder aktive Sterbehilfe bekommen können, wenn sie das ausdrücklich verlangen und zu einer Einschätzung in der Lage sind. Der Wunsch des Kindes muss laut dem 2014 verabschiedeten Gesetz durch mehrere Experten bestätigt werden; auch die Eltern müssen der Entscheidung zustimmen. Die Niederlande und Belgien hatten 2002 als erste Länder weltweit aktive Sterbehilfe legalisiert. Luxemburg folgte 2009. (jml/dpa/KNA)

18.09., 10.45 Uhr: ergänzt um Stellungnahme des Vatikan

18.09., 14.41 Uhr: ergänzt um Stellungnahme der Italienischen Bischofskonferenz

Linktipp: Was heißt eigentlich...

Was bedeutet aktive Sterbehilfe überhaupt? Was unterscheidet sie von der indirekten Sterbehilfe? Katholisch.de gibt einen Überblick.