Feier eines historischen Schritts
Am 7. Dezember 1965 hatten der damalige orthodoxe Patriarch Athenagoras I. und Papst Paul VI. die bei der Kirchentrennung von 1054 ausgesprochene gegenseitige Verdammung für unwirksam erklärt. Der Schritt gilt als ökumenischer Meilenstein.
Der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, sagte bei der Münchner Feier, die Versöhnung sei "Anlass zu Dankbarkeit". Gerade in der Bundesrepublik sei in und zwischen den Kirchen viel geschehen. "Den weiteren Weg gehen wir miteinander und zueinander", fügte der Metropolit hinzu. Die Zahl der in Deutschland lebenden orthodoxen Christen wird auf rund 1,3 Millionen geschätzt.
Marx: "Nur gemeinsam können wir weitergehen"
Marx sagte, die Trennung zwischen Katholiken und Orthodoxen sei "Ausdruck von Unweisheit" gewesen. Die Christen sollten das Geschehene nicht einfach vergessen, aber hinter sich lassen. "Nur gemeinsam können wir weitergehen." So sei etwa die Sorge um die Flüchtlinge eine "Gelegenheit, eine Ökumene des Lebens, der Begegnung und des Miteinanders voranzubringen". Marx warnte vor einer "Angst-Ökumene" nach der Devise: "Wir sind so wenige, also wollen wir doch wenigstens gemeinsam ein wenig stärker sein."
An der Feier in der Münchner griechisch-orthodoxen Allerheiligenkirche nahmen auch der Ratschef der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, sein Vorgänger Johannes Friedrich, der Ökumenebeauftragte der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Feige, sowie Münchens Alterzbischof Kardinal Friedrich Wetter teil. Im Kulturzentrum der Kirche wurde statt eines Weihnachtsbaums ein Boot aufgestellt, um auf die dramatische Lage der Flüchtlinge im Mittelmeer aufmerksam zu machen.
Franziskus: Keine unüberwindbaren Streitfragen mehr
Athenagoras I. und Paul VI. hatten 1965 in einem gemeinsamen Papier festgehalten, dass sie die 900 Jahre zuvor verkündeten Exkommunikationen, "deren Erinnerung einer Annäherung in der Liebe bis heute hindernd im Wege steht, bedauern, aus dem Gedächtnis und der Mitte der Kirche tilgen und dem Vergessen anheimfallen lassen". Die Erklärung erfolgte einen Tag vor dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), bei dem wegweisende Erklärungen zur Rolle der katholischen Kirche in der modernen Welt und ihrem Verhältnis zu anderen Konfessionen und Religionen beschlossen wurden.
Papst Franziskus hatte vor wenigen Tagen erklärt, zwischen Katholiken und Orthodoxen gebe es keine unüberwindbaren Streitfragen mehr. Der Weg zur vollen eucharistischen Einheit könne durch Gebet, Dialog und mit reinem Herzen gelingen, heißt es in einer Grußbotschaft an den orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. anlässlich des Andreasfestes am 30. November. Mit der Rücknahme des wechselseitigen Banns von 1965 hätten die Kirchen nach den Worten Jesu gehandelt, der die Einheit seiner Kirche wolle, so Franziskus. Seitdem sei die Ökumene weit vorangekommen. (gho/KNA)
06.12.2015, 19.30 Uhr: ergänzt um die Statements von Kardinal Marx und Metropolit Augoustinos