Erzbischof Heiner Koch kritisiert zunehmende Fremdenfeindlichkeit

"Flüchtlingsfrage wird missbraucht"

Veröffentlicht am 17.08.2015 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
"Flüchtlingsfrage wird missbraucht"
Bild: © KNA
Flüchtlinge

Bonn ‐ In Flüchtlingsdebatte hat der künftige Berliner Erzbischof Heiner Koch eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit kritisiert. Unterdessen diskutieren Vertreter aus Politik und Kirche darüber, ob sich ein "nationaler Pakt für Flüchtlinge" realisieren lässt.

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Koch zeigte sich erschüttert nach einem Besuch in der Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in Dresden, in der 1.100 Menschen in Zelten untergebracht sind. Die medizinischen und hygienischen Bedingungen dort hatten Mediziner vor Tagen scharf kritisiert. Koch warnte aber vor unbedachter Kritik: "Sie ist nicht gerechtfertigt gegenüber denen, die sich dort abrackern bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten." Dem Bund warf Koch mangelnde Unterstützung für die Städte und Gemeinden vor: "Die Kommunen werden teils alleingelassen." Kirchengemeinden rief er dazu auf, eine "Kommunikations- und Kulturstruktur" für die Flüchtlinge zu entwickeln und ihnen bei der Integration zu helfen.

Der Deutsche Caritasverband fordert unterdessen, die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände noch stärker bei der Suche nach Antworten auf die aktuellen Flüchtlingsfragen einzubinden. "Dabei darf es aber nicht nur um die Beschleunigung von Asylverfahren gehen, sondern auch um die Frage des Zugangs zum deutschen Arbeitsmarkt oder die nachhaltige Entwicklung und Unterstützung der betroffenen Herkunftsländer", sagte Caritas-Präsident Peter Neher am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Am Wochenende hatte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) einen "nationalen Pakt für Flüchtlinge" gefordert. Darin müssten sowohl Bund, Länder und Kommunen als auch gesellschaftliche Gruppen wie beispielsweise die Kirchen vertreten sein. "Wir unterstützen Ideen, die dazu beitragen, die Schwierigkeiten zu bewältigen, die mit den hohen Flüchtlingszahlen einhergehen", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Zum konkreten Vorschlag eines 'nationalen Pakts für Flüchtlinge', wie ihn Ministerpräsidentin Dreyer vorgeschlagen habe, könne er aber im Moment noch nichts sagen, da der Bischofskonferenz keine Details vorlägen.

Prälat Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes
Bild: ©picture alliance / dpa

Caritas-Präsident Peter Neher fordert die Politik dazu auf, die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände noch stärker in die aktuellen Entscheidungen rund um das Theme Flüchtlinge einzubinden.

Ähnlich äußerte sich auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Die Landeskirchen hätten ihre Hilfen für Flüchtlinge aufgestockt, viele ehrenamtliche Unterstützer seien in den Gemeinden engagiert. "Dass auch auf der politischen Ebene nach guten Lösungen gesucht wird, mit der aktuellen Situation umzugehen, unterstützen wir", erklärte eine EKD-Sprecherin auf Anfrage in Hannover.  Caritas-Präsident Neher betonte, es sei "sicher sinnvoll, sich nicht nur punktuell an einen gemeinsamen Tisch zu setzen, sondern eine regelmäßige Konferenz zu etablieren". Denn in Zukunft werde die Flüchtlingspolitik ein "großes Thema" sein.

Davon ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überzeugt. Die Frage nach dem Umgang mit Flüchtlingen werde Europa auf Dauer mehr beschäftigen als Griechenland und der Euro, sagte sie am Sonntagabend im ZDF. Die aktuelle Situation mit einem Zuzug von Flüchtlingen sei extrem unbefriedigend. Für Gewalt gegen Flüchtlinge und Asylheime gebe es keine Rechtfertigung. Eine wachsende Zahl an Asylbewerbern und Flüchtlingen stelle Deutschland vor "riesige Aufgaben", sagte Merkel. Bund, Länder und Kommunen müssten gemeinsam alle Personalreserven mobilisieren. Vorrang habe der Ausbau von Erstaufnahmelagern und die schnellere Bearbeitung von Asylanträgen.

Allerdings, so die Kanzlerin weiter, dürfe die Hoffnung auf eine bessere wirtschaftliche Lage kein Grund sein, in Deutschland Asyl zu beantragen: "Sonst können wir denjenigen, die unsere Hilfe brauchen, nicht ausreichend helfen." Europaweit brauche man "gemeinsame Einschätzungen, welche Herkunftsländer sicher sind und welche nicht". (bod/KNA)

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