Frankfurts Brücke nach Syrien
Der 81-jährige Patriarch steht 1,6 Millionen katholischen Christen vor, die in Syrien und Libanon zu Hause sind, von denen ein beträchtlicher Teil aber auch in Auslandsgemeinden in Brasilien und Argentinien lebt. Sie feiern die byzantinische Liturgie ähnlich den Orthodoxen, jedoch auf Arabisch. Gregoire III. selbst ist seit Jahren mit Deutschland verbunden - so sehr, dass er bei der jüngsten Bischofssynode im Vatikan als gebürtiger Syrer im deutschen Sprachzirkel saß.
Ein weiteres Glied in den vielfältigen Verbindungen zwischen Orient und Okzident und den unterschiedlichen Kirchentraditionen ist nun die Kapelle der Frankfurter Jesuiten-Hochschule. Gestaltende Kraft des Projekts ist der Dogmatik- und Liturgieprofessor Michael Schneider. Der 66-Jährige ist Mitglied des Jesuitenordens, aber zugleich Großarchimandrit des Patriarchats von Antiochien, dem Gregoire III. vorsteht. Schneider lebt die Ökumene; seit der Kindheit fasziniert ihn der Orient, in beiden Riten feiert er Messen.
Neue Kapelle ist "Höhle des Heils"
20 Jahre lang gab es auch ein kleines byzantinisches Oratorium, in dem Schneider den Studenten die Ökumene näherbrachte. Nachdem das Gebäude abgerissen werden musste, suchte Schneider nach einem neuen Ort - und fand ihn in einem Lagerraum der Wirtschaftstrakts der Hochschule. Der fast quadratische Zuschnitt überzeugte ihn auf Anhieb. Die neue Kapelle beschreibt er als "Höhle des Heils"; diesen Charakter unterstreicht das gedämpfte Licht, das durch die farbigen Fenster hereinfällt.
Finanziert wurde der Umbau aus Privatspenden und mit Unterstützung des Kölner Patristik-Instituts "Koinonia Oriens". Die Ausgestaltung mit Ikonen besorgte der aus der Ukraine stammende Regensburger Künstler Oleg Kuzenko in Zusammenarbeit mit Studierenden der Hochschule. Das Bildprogramm folgt überlieferten Vorgaben der byzantinischen Liturgie, enthält aber auch Bezüge zur Gegenwart.
Da erscheint unter den traditionellen Heiligendarstellungen auch das Bild des von den Nazis ermordeten Hamburger Priesters Johannes Prassek. Der Geistliche, der in Sankt Georgen studiert hatte, wurde 2011 seliggesprochen. "So ist auch einer der Studierenden unter den Heiligen", erklärt Schneider.
Dreitürige Bilderwand ist der Blickfang
Blickfang und Zentrum des Raums ist die Ikonostase, die dreitürige Bilderwand zwischen dem Kirchen- und Altarraum, die weniger eine Abtrennung sein will als ein Fenster für das geistliche Auge. "Hier ist jene Stelle, wo sich die Gläubigen gemeinsam mit den Priestern vor dem Angesicht Gottes versammeln", sagt Schneider. Über dem Kreuzesbalken in der Mitte ist eine winzige Reliquie eingelassen; der Überlieferung nach stammt sie vom Kreuz Christi. Sie gab der Kirche den Namen "Vom Heiligen Kreuz zu Jerusalem".
Fast zeitgleich mit dem Beginn der Bauarbeiten hatte der Zustrom von Flüchtlingen begonnen. Nicht zuletzt diesem Umstand verdankt die Kapelle ihr Patronat - das Kreuz des Leidens, das Kreuz der Hoffnung. Denn in diesen Monaten wird in melkitischen Gemeinden in Syrien häufig ein Lied des Festes "Kreuzerhöhung" gesungen, das ebenfalls in einer Zeit großer Not entstand: "Rette, Herr, dein Volk und segne dein Erbe. Verleihe den Königen Sieg über die Feinde. Behüte durch dein Kreuz deine Gemeinde."
Themenseite: Auf der Flucht
Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.Die melkitische griechisch-katholische Kirche gehört zu den Kirchen des Ostens, ist jedoch mit Rom verbunden. Ihre Mitglieder sehen sich als direkte geistliche Nachkommen der ersten christlichen Gemeinden aus Jerusalem und Galiläa. Ihren byzantinisch geprägten Gottesdienst feiern die Melkiten heute überwiegend in arabischer Sprache.
Laut Schätzungen gehören der Gemeinschaft weltweit rund 1,6 Millionen Christen an. Die meisten leben in Syrien und Libanon; Gruppen gibt es auch in Israel, Palästina, Jordanien und Ägypten. Große Auslandsgemeinden bestehen in Brasilien, Argentinien und Australien.
Oberhaupt der Kirche mit Sitz in Damaskus ist Gregoire III., seit 2000 "Patriarch von Antiochien und dem Ganzen Orient, von Alexandrien und von Jerusalem". Der 81-Jährige ist seit 1981 Bischof.