Franziskus will Dialog mit Piusbrüdern fortsetzen
Für "andere Elemente wie Monsignore Williamson und andere, die sich radikalisiert haben", gelte das jedoch nicht, so Franziskus. Zugleich betonte er, dass die Voraussetzung für die volle Gemeinschaft der von Rom abtrünnigen Bruderschaft mit der römisch-katholischen Kirche die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sei. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft St. Pius X. lehnt zentrale Bestandteile der Konzilsbeschlüsse ab. Dies betrifft vor allem Aussagen zu Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Nach unerlaubten Bischofsweihen exkommunizierte der Vatikan Lefebvre und die vier Geweihten 1988.
Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ließ 2007 als Entgegenkommen die alte Lateinische Messe wieder allgemein zu und ermöglichte so die Aufnahme offizieller Gespräche. Im Januar 2009 hob er die Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Damit haben diese die Rechte katholischer Laien; die Ausübung kirchlicher Ämter ist ihnen aber weiter untersagt.
Personalprälatur als "eine mögliche Lösung"
Die seit längerem erörterte Schaffung einer Personalprälatur für die Piusbrüder nannte Franziskus in dem Interview "eine mögliche Lösung". Zuvor müsse es jedoch eine "grundlegende Übereinkunft" geben. Ob es sich dabei um die Unterzeichnung der vom Vatikan 2011 vorgelegten sogenannten Präambel handelt, blieb offen. Zuletzt war in Rom spekuliert worden, Franziskus könnte theologische Abstriche an den Forderungen gegenüber der Piusbruderschaft machen und möglicherweise auf eine Annahme des Dokuments durch die Traditionalisten verzichten.
Franziskus war im April erstmals zu einem Gespräch mit dem Oberen der Piusbrüder zusammengetroffen. 2015 war der Papst den Piusbrüdern überraschend entgegengekommen, als er allen Gläubigen gestattete, während des derzeitigen Heiligen Jahres auch bei Priestern der Bruderschaft zu beichten. In jenem Schreiben betonte Franziskus: "Ich vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen."
Laut der vom Vatikan 2011 vorgelegten und bis heute nicht unterzeichneten Präambel sollten die Traditionalisten das gesamte Lehramt der katholischen Kirche einschließlich des Zweiten Vatikanischen Konzils akzeptieren und zudem die Gültigkeit und Legitimität der katholischen Liturgie anerkennen. Im Fall einer Einigung, so der Vorschlag, solle die Priesterbruderschaft St. Pius X. als eigene Personalprälatur eine Zukunft innerhalb der katholischen Kirche finden.
Benedikt XVI. hatte nach der umstrittenen Rücknahme der Exkommunikation für die Piusbrüder im Januar 2009 versucht, durch einen Expertendialog den Bruch mit den Konzilsgegnern zu kitten. Die zweijährigen Gespräche von 2010/11 führten jedoch zu keinem Ergebnis. Die Piusbrüder ließen alle vom Vatikan gesetzten Fristen verstreichen, die vorgelegte "Präambel" zu unterzeichnen.
Papst gegen Kopftuchverbot
In dem Interview mit "La Croix" sprach sich der Papst auch gegen ein Kopftuchverbot aus. "Wenn eine muslimische Frau ein Kopftuch tragen will, muss sie das tun können, ebenso wie ein Katholik, der ein Kreuz tragen will", sagte Franziskus. Jeder müsse die Freiheit haben, seinen Glauben zum Ausdruck bringen zu können, so der Papst mit Blick auf das Kopftuchverbot in Frankreich. Dies müsse auch im kulturellen Zentrum erlaubt sein und nicht nur am Rande der Gesellschaft.
Zugleich kritisierte der Papst eine "übertriebene Laizität" in Frankreich. Religionen würden wie "eine Subkultur" betrachtet und nicht wie eine "echte und eigene Kultur", so Franziskus. Dies sei seine "kleine Kritik" an Frankreich, das er sonst sehr schätze. Das Land müsse auf diesem Gebiet einen "Schritt nach vorne" machen. (stz/KNA)