Fundamentalismus als "mörderisches Monstrum"
Twal sprach anlässlich seines Besuchs des Kaiserfests im österreichischen Bad Ischl über die Situation in Nahost. Der radikale Islam zeige hier "sein wahres, finsteres Gesicht. Hier ist Satan am Werk", so Twal laut Redemanuskript. Vor den unvorstellbaren Verbrechen, die im Namen Gottes gegen die Menschlichkeit begangen würden, könnten sich Nichtmuslime und insbesondere Christen nur durch Flucht retten. "Die Flucht der Christen aus ihren tausendjährigen Stammplätzen ist die schwärzeste Folge des 'arabischen Frühlings' im Irak und Syrien", so der Jordanier, der vor dem anhaltenden Exodus der Verfolgten und einer Überforderung der Nachbarländer bei der Aufnahme der Flüchtlinge warnte.
Twal: Echte Religion kann nie Grund für einen Krieg sein
Twal erinnerte in seinem Beitrag an die ursprünglich positiven Motivationen der als "arabischer Frühling" bezeichneten Protestbewegung, die in Syrien und im Irak eine gänzlich andere Wendung genommen habe. Dem "arabischen Frühling" sei ab Ende 2010 innerhalb weniger Monate gelungen, mit Zine el-Abidine Ben Ali, Husni Mubarak und Muammar al-Gaddafi drei der autoritärsten Diktatoren der arabischen Welt zu Fall zu bringen und in Tunesien eine für die arabische Welt einzigartigen Verfassung einzuführen, die die Gleichstellung von Mann und Frau sowie die Glaubens- und Gewissensfreiheit beinhalte. Die daraus erwachsene Hoffnung habe mit dem Aufflammen des IS-Terrors jedoch einen schweren Rückschlag erfahren
Die Islamisten sind nach Worten Twals "selbst nicht nur Täter, sondern ebenfalls auch Opfer: Opfer des falschen, des bösen Geistes, des Vaters der Lüge und des Hasses". Echte Religion hingegen könne nie Grund eines Kriegs sein, sondern Teil der Konfliktlösung. "Muslimische Gewalt ist ein Krebsgeschwür im Körper des Islam, das die Muslime selbst herausschneiden müssen", so Twal wörtlich.
Als bleibende "offene Wunde im arabischen Bewusstsein" bezeichnete der Jerusalemer Patriarch den israelisch-palästinensischen Konflikt, der ein Hauptquell der islamischen Radikalisierung sei. Die Christen im Heiligen Land könnten angesichts der immer schwerer wiegenden langjährigen Besatzung kein normales Leben führen und dächten vermehrt an Auswanderung. Die Ignoranz des Westens gegenüber der Lage im Heiligen Land bezeichnete Twal als enttäuschend und frustrierend und forderte ein "völliges politisches Umdenken".
„Muslimische Gewalt ist ein Krebsgeschwür im Körper des Islam, das die Muslime selbst herausschneiden müssen.“
Kritik äußerte der Patriarch auch an der westlichen Unterstützung der Rebellen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, die Zufluchtsort der Extremisten geworden seien. Twal forderte den Westen auf, "den Dissidenten in Syrien keine Unterstützung und vor allem keine Waffen und dergleichen mehr zu liefern". Er zeigte sich zudem besorgt über die Demonstrationen in verschiedenen Teilen Deutschlands gegen die Einwanderung. Die dort mitunter geforderte Abweisung von Kriegsflüchtlingen nannte er "ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit". (KNA)