Katholische Geistliche nehmen Bundespräsidenten gegen Militarismus-Vorwürfe in Schutz

Gauck-Kritiker ernten Widerspruch

Veröffentlicht am 26.06.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Berlin ‐ Seit Tagen steht Bundespräsident Joachim Gauck im Zentrum einer erregten Debatte. Für sein Plädoyer für mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr muss sich das Staatsoberhaupt heftige Kritik anhören. Zuletzt haben am Montag ostdeutsche Pfarrer ihrem ehemaligen Kollegen Gauck in einem offenen Brief vorgeworfen, sich mit seinen Aussagen von den Idealen der christlichen Friedensbewegung der DDR abzuwenden.

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In dem Brief erinnern die beiden Ost-Berliner Pfarrer Klaus Galley und Siegfried Menthel an die Ökumenische Versammlung der DDR-Kirchen im Jahr 1989, an der auch Gauck teilgenommen hatte. Im Abschlussdokument der Versammlung hieß es damals unter anderem: "Umkehr zum Frieden muss deshalb für uns heute die Mitwirkung an der Überwindung der Institution des Krieges einschließen. Im Verzicht auf militärische Gewalt als Mittel der Politik sehen wir einen notwendigen Schritt zur Schaffung einer europäischen und weltweiten Friedensordnung."

Galley und Menthel kritisieren vor diesem Hintergrund vor allem Gaucks Rede bei der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz . Dabei hatte das Staatsoberhaupt Ende Januar ein größeres Engagement Deutschlands bei der Lösung internationaler Krisen gefordert und auch die Notwendigkeit militärischer Konfliktlösungen betont. Galley und Menthel schreiben dazu: "Mit dieser Rede verabschieden Sie sich aus dem Konsens von 1989 und empfehlen der Bundesrepublik als Bundespräsident eine andere Politik als die damals von uns geforderte."

Deutliche Kritik am offenen Brief

Der offene Brief der beiden Pfarrer erntet jetzt jedoch selbst Widerspruch. Gegenüber katholisch.de sagte der Dresdener Prälat Dieter Grande am Mittwoch, 25 Jahre nach der Ökumenischen Versammlung könne man sich nicht mehr auf deren Abschlussdokument berufen. "Das Dokument war ein Kompromiss zwischen den Kirchen und der Versammlung. Es ist sicher richtig, dass die Kirchen immer für Gewaltlosigkeit plädiert haben. Von der katholischen Kirche ist aber immer gesagt worden, dass es Situationen geben kann, wo es notwendig wird, militärische Mittel zu nutzen", so Grande, der an der Versammlung 1989 als Leiter der Arbeitsgruppe Justitia et Pax teilgenommen hatte. Frieden sei ohne einen gewissen militärischen Schutz nicht denkbar.

Auch der katholische Geistliche Norbert Joklitschke, 1989 Berater der Ökumenischen Versammlung, widersprach den Kritikern des Bundespräsidenten. Die Frage nach Krieg und Frieden müsse nach 25 Jahren anders beantwortet werden, weil die historischen Erfahrungen eine wesentliche Rolle spielten. "Die Friedensbewegung in der DDR ist vom Ost-West-Konflikt ausgegangen. Heute geht die Bedrohung von international agierenden Terroristen aus. Da hat sich eine Bedrohungslage verschoben, so etwas gab vor 25 Jahren in dieser Form nicht", sagte Joklitschke.

Erfahrungen der vergangenen Jahre hinzu addieren

Man könne die Dokumente von 1989 nicht heranziehen, um Gauck zu kritisieren. Das Abschlussdokument sei in einer historischen Situation des Kalten Krieges entstanden. Zwar seien die Texte der Abschlusserklärung weiter gültig, aber es müssten die Erfahrungen der vergangenen 25 Jahre "hinzu addiert werden", so Joklitschke. (mkr/stz/KNA)