Franziskus richtet Kinderschutz-Kommission ein

Gegen sexuellen Missbrauch

Veröffentlicht am 24.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Ich war gerade 13 Jahre alt und war besonders hilflos, weil ich im Krankenhaus lag, als mich ein Priester sexuell missbrauchte. Obwohl seither über 50 Jahre vergangen sind, ist es mir unmöglich, das zu vergessen und den Folgen der Tat zu entkommen." Betroffenes Schweigen herrschte unter den Kardinälen und Bischöfen, als die Irin Marie Collins vor zwei Jahren ihre Leidensgeschichte während eines Kongresses über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Rom schilderte.

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Papst Franziskus hat die heute 66 Jahre alte Collins nun als eines von vorerst acht Mitgliedern in die neue päpstliche Kommission zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch eingesetzt. Sie soll mithelfen, dass Schicksale wie das ihre der Vergangenheit angehören und katholische Geistliche heute anders reagieren als in ihrem Fall. Ihr hatte der Pfarrer gesagt, der Übergriff sei ihre Schuld, und dem Erzbischof war der gute Ruf ihres Peinigers wichtiger.

Mit der neuen Kommission zeige der Papst, dass der Schutz von Minderjährigen zu den vordringlichsten Aufgaben der Kirche zähle, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi. Man sei sich bewusst, dass die Kirche auf diesem Gebiet eine entscheidende Rolle spiele. Die Kommission werde mit einem "mehrgleisigen" Ansatz Maßnahmen für einen besseren Schutz von Minderjährigen erarbeiten, kündigte er an. Diese umfassten Vorbeugung, Strafverfolgung und Verhaltensregeln, so Lombardi. Zunächst werde die Gruppe jedoch ihre Statuten erarbeiten und ihre Kompetenzen festlegen.

Franziskus setzt Zeichen: Kommission zur Hälfte mit Frauen besetzt

Schon mit der Zusammensetzung der Kommission setzte Franziskus ein Zeichen: Sie ist zur Hälfte mit Frauen besetzt; Priester sind in der Minderheit. Momentan zählt das Gremium fünf Laien und drei Geistliche. Allerdings soll der Kreis in den kommenden Monaten noch erweitert werden. Aus Deutschland gehört der Kommission der Jesuit und Psychologieprofessor Hans Zollner an. Der aus Regensburg stammende Zollner lehrt an der römischen Universität Gregoriana und gilt als einer der führenden kirchlichen Fachleute auf diesem Gebiet.

Sean Patrick O’Malley ist Erzbischof von Boston.
Bild: ©KNA

Sean Patrick O’Malley ist Erzbischof von Boston.

Der Jesuit hatte vor zwei Jahren im vatikanischen Auftrag an der Gregoriana jenen Kongress organisiert, auf dem auch Collins sprach. Außerdem leitet er das derzeit noch in München ansässige Studienzentrum für Kinderschutz, das im Sommer nach Rom umzieht und dort in erweiterter Form seine Arbeit aufnehmen wird. Die Einrichtung entwickelt unter anderem ein über das Internet nutzbares Lernprogramm zur Vorbeugung von sexuellem Missbrauch.

Kardinal O'Malley einziger ranghoher Geistlicher

Einziger ranghoher Geistlicher in der Kommission ist der Bostoner Kardinal Sean Patrick O'Malley. Der Kapuziner gehört dem Kardinalsrat an, der den Papst bei der Reform der Kurie und der Leitung der Weltkirche berät. O'Malley hat sich als Verfechter einer Null-Toleranz-Strategie im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in seinem Bistum einen Namen gemacht. Weiteres prominentes Mitglied ist die frühere polnische Ministerpräsidentin und derzeitige Botschafterin ihres Landes beim Heiligen Stuhl, Hanna Suchocka. Auch sie kann auf einschlägige Expertise verweisen: Suchocka war während der Konferenz über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche an der Gregoriana eine von vier Beobachterinnen, die dafür sorgen sollten, dass offen geredet wurde.

Ebenfalls in die Kommission berufen wurde die emeritierte Londoner Psychiatrieprofessorin Sheila Hollins, die an der Aufarbeitung des Missbrauchskandals in der katholischen Kirche in Irland beteiligt war. Hinzu kommen der italienische Jurist und Kirchenrechtler Claudio Papale, der bereits für die vatikanische Glaubenskongregation in Missbrauchsfällen tätig war sowie die französische Psychologin Catherine Bonnet. Und schließlich berief Franziskus auch noch einen seiner Vertrauten in das Gremium: den argentinischen Jesuiten Humberto Miguel Yanez, der in Rom an der Gregoriana Moraltheologie lehrt.

Von Thomas Jansen (KNA)