Gegenwind für Bertone
Nach "Bild"-Informationen soll die Vatikanbank IOR im Dezember 2012 auf Druck Bertones 15 Millionen Euro zur Rettung der angeschlagenen italienischen Filmproduktionsgesellschaft "Lux Vide" bereitgestellt haben. Der Inhaber des kirchennahen Unternehmens, Ettore Bernabei, sei ein Freund des Kardinals . Das IOR hat für das Geld demnach sogenannte Wandelanleihen des Unternehmens erworben - also verzinsliche Wertpapiere, die nach einem vereinbarten Zeitraum in Aktien umgewandelt werden können. Laut "Bild" sollen diese jedoch inzwischen weitgehend wertlos geworden sein. Die 15 Millionen Euro tauchten daher als Abschreibung in der IOR-Bilanz für 2013 auf.
Dieser zunächst unerklärliche Posten habe interne Ermittlungen der vatikanischen Finanzaufsicht AIF ausgelöst. Bertone bestätigte zwar den Erwerb der Anleihe. Die alleinige Verantwortung wies er am Dienstag jedoch von sich. Das Geschäft sei von den zuständigen Gremien, der Kardinalskommission zur Aufsicht über das IOR, sowie dem Verwaltungsrat gebilligt worden, teilte er mit. Nach Darstellung von "Bild" war der Kauf der Wandelanleihen gegen Widerstand aus dem IOR erfolgt. Auffällig an Bertones Stellungnahme war, dass er als Datum für die Billigung den 4.
Dünnes Dementi aus dem Vatikan
Dezember 2013 nannte. Der Kauf der verzinslichen Wertpapiere wäre demnach erst ein Jahr später, also im Nachhinein, genehmigt worden. Nach Informationen der Zeitung "Corriere della Sera" (Mittwoch) soll der Erwerb der Wandelanleihen im Dezember 2012 ohne formale Zustimmung der Aufsichtsgremien erfolgt sein. Am 4. Dezember 2013 entschieden Kardinalskommission und Verwaltungsrat nach dieser Darstellung lediglich, die Vereinbarung mit Lux Vide aufzulösen und die in Aktien umgewandelten Wandelanleihen einer Stiftung zu übertragen.
Das offizielle Dementi von vatikanischer Seite am Dienstag fiel äußerst schmallippig aus. Es seien keine strafrechtlichen Ermittlungen der vatikanischen Justiz gegen Bertone im Gang, betonte Sprecher Federico Lombardi. Etwaige interne Untersuchungen der AIF schloss Lombardi damit jedoch nicht explizit aus. "Bild" selbst hatte nichts von strafrechtlichen Ermittlungen geschrieben. Andere Medien, die den Bericht aufgriffen, hatten diesen Eindruck jedoch bisweilen erweckt.
Es reicht ein geringer Anfangsverdacht
Begünstigt wurde diese Interpretation durch die Vorstellung des AIF-Jahresberichts am Montag. Dabei hatte deren Direktor, der Schweizer Rene Brülhart, mitgeteilt, dass von den 202 gemeldeten verdächtigen Geldtransfers im Jahr 2013 fünf zu weiteren Ermittlungen an die vatikanische Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden seien.
Etwaige Ermittlungen der AIF gegen Bertone wollte Brülhart jedoch weder dementieren noch bestätigen. Grundsätzlich hatte er zuvor allerdings darauf hingewiesen, dass schon ein sehr geringer Anfangsverdacht ausreiche, um Ermittlungen der AIF auszulösen. Daraus sei nicht vorschnell auf ein strafrechtlich relevantes Geschäft zu schließen.
Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich der frühere IOR-Chef Ettore Gotti Tedeschi gegenüber Bertone ausdrücklich gegen das Geschäft mit Lux Vide ausgesprochen hatte. Der Preis sei überhöht. Mehrere Medien zitierten den Wortlaut einer Denkschrift an Bertone, der damals Vorsitzender der Kardinalskommission zur Aufsicht über das IOR war. Das Geschäft selbst soll nach Informationen des "Corriere" allerdings in die Zeit der Vakanz des IOR-Chefpostens gefallen sein - nach dem Rauswurf von Gotti Tedeschi.
Nach jüngsten Berichten über ein angebliches Luxus-Appartement, das für ihn im Vatikan hergerichtet werden soll, ist Bertone nun schon zum zweiten Mal binnen weniger Wochen in Negativschlagzeilen geraten. Das kommt nicht ganz überraschend. Bertone hat sich in seiner Zeit als Kardinalstaatssekretär offenbar Feinde innerhalb der Kurie gemacht.
Von Thomas Jansen (KNA)