Gemeinsames Christusfest 2017
Die Kirchen stünden in der gemeinsamen Verantwortung, durch das Reformationsgedenken im Jahr 2017 die Annäherung untereinander nicht zu "gefährden", sondern im Gegenteil "die Einheit im Glauben sichtbar" zu machen, begründete Marx die Initiative. Dass es sich hier um einen bedeutenden, fast historischen Schritt handelt, machen die Kirchen selbst in der Wortwahl deutlich, mit der sie auf die gemeinsamen Veranstaltungen hinweisen: Während Feiern zum Reformationstag bislang Anlass zur "Abgrenzung" voneinander gewesen seien, solle das 2017 "erstmals anders werden", heißt es in den einleitenden Worten einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Versöhnungsgottesdienst und zwei Tagungen
Symbolträchtig dürfte ein gemeinsamer Versöhnungsgottesdienst werden, den die Konfessionen für den 11. März 2017 in der Fastenzeit vereinbart haben. Darin wollen sie "Buße und Vergebungsbitte verbinden" und gegenseitige Versöhnungsgesten austauschen. Evangelische und katholische Gemeinden in ganz Deutschland sind eingeladen, auch auf regionaler Ebene solche Gottesdienste zu feiern. Schon im Herbst 2016 fahren Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD zusammen ins Heilige Land, um sich der gemeinsamen Quellen des Glaubens zu versichern.
Gleich zwei Tagungen sollen zudem dem gemeinsamen Gedenken Ausdruck verleihen. Im Herbst 2016 wollen beide Kirchen die bis dahin jeweils abgeschlossenen neuen Bibelübersetzungen vorstellen: die Neufassung der Lutherbibel auf evangelischer und die neue Einheitsübersetzung auf katholischer Seite. 2017 treffen sich dann Bischofskonferenz, EKD, Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und der Deutsche Evangelische Kirchentag, um eine "ökumenische Positionsbestimmung zur Zukunft der Christen in einer zunehmend säkularen Gesellschaft" vorzunehmen.
Papstbesuch unwahrscheinlich
Ein Besuch von Papst Franziskus in Deutschland ist jedoch eher unwahrscheinlich. "Wir wollen einen möglichen Papstbesuch nicht an diesen Anlass binden", sagte Marx - er hoffe, aber, dass Franziskus auch unabhängig vom Reformationsgedenken bald nach Deutschland komme. Auch Heinrich Beford-Strohm sagte, für einen Papstbesuch gebe "es vielleicht bessere Gelegenheiten als 2017".
Die Fülle der gemeinsam geplanten Aktivitäten ist deshalb so überraschend, als noch bis vor kurzem unklar war, ob sich die katholische Kirche überhaupt an den Feierlichkeiten beteiligt. Im vergangenen Jahr hatte ein evangelisches Positionspapier zur Rechtfertigungslehre großen Ärger ausgelöst. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige, innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen der Ökumene zuständig, sagte im Juni 2014, der Grundlagentext vermittele nicht den Eindruck, tatsächlich ökumenisch aufgeschlossen zu sein. Auch der stellvertretende Vorsitzende der Ökumene-Kommission, der Fuldaer Bischof Josef Algermissen, fühlte sich darin bestätigt, dass es "eigentlich keinen hinreichenden Grund gibt, etwas gemeinsam zu feiern".
Die jetzige Einigung ist nach einem Briefwechsel der beiden Vorsitzenden Bedford-Strohm und Marx zustande gekommen, den die beiden ebenfalls am Montag veröffentlichten. Darin erklärt der EKD-Ratsvorsitzende, es sei "ein ökumenisches Vertrauen zwischen unseren Kirchen gewachsen, die Bereiche eines gemeinsamen Gestaltens des Erinnerns erlauben". Dafür sei die EKD sehr dankbar. Das Reformationsjubiläum 2017 sei "im Kern ein Christusfest, das die Botschaft von der freien Gnade Gottes ausrichten will an alles Volk."
Ökumene: Was verbindet? Was trennt?
Ein Haus mit vielen Wohnungen: So lässt sich - vereinfacht - die Ökumene beschreiben. Das Haus, das viele Kirchen und Gemeinschaften beherbergt, umspannt die ganze Welt. Die Familien in diesem Gebäude sind Katholiken, Protestanten, Orthodoxe, Kopten, Altkatholiken, Anglikaner und Freikirchler.Die hier verwendete Begrifflichkeit dürfte Marx entgegengekommen sein. Denn die katholische Kirche tut sich schwer damit, im Zusammenhang von 2017 von einem "Reformationsjubiläum" zu sprechen. Lieber spricht man von einem Reformationsgedenken oder noch neutraler von einem Christusfest. Entsprechend positiv fiel Marx‘ Antwort aus. Er bezeichnete den Brief Bedford-Strohms als einen "Ausdruck verlässlicher Beziehungen". Das Schreiben zeige, dass die EKD ihr Reformationsjubiläum "nicht feiern möchte, ohne ihre ökumenischen Partner mit einzubinden".
Marx betonte zudem, dass die Konfessionen durch die gemeinsamen Termine 2017 auch nach außen wirken wollen. "Unser gemeinsames Zeugnis für Jesus Christus ist heute in unserer Gesellschaft und bei der Suche vieler Zeitgenossen nach Halt und Orientierung von besonderer Dringlichkeit", so Marx.