Gottesformel findet erneut keine Mehrheit
In der Vorlage hatte es geheißen, die Verfassung schöpfe aus dem "kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas" und aus den Werten, die sich aus dem "Glauben an Gott oder aus anderen Quellen ergeben". Angefügt an den Gottesbezug war eine sogenannte Demutsformel, die die Unvollkommenheit menschlichen Handelns und die Kenntnis der eigenen Geschichte betont.
Schon bei der Verabschiedung der neuen Landesverfassung im Herbst 2014 hatte sich im Landtag nicht die notwendige Mehrheit für einen Gottesbegriff gefunden. Eine Volksinitiative, die von den beiden Kirchen, der islamischen Religionsgemeinschaft Schura und den jüdischen Gemeinden im Land unterstützt wurde, hatte daraufhin über 40.000 Unterschriften gesammelt. Damit musste sich der Landtag erneut mit dem Thema befassen. Im Vorfeld waren mehrere Vorschläge verschiedener Gruppen eingereicht worden.
Heße: Die Entscheidung finde ich sehr bedauerlich
Die beiden großen Kirchen in Norddeutschland zeigten sich nach der Abstimmung im Landtag enttäuscht. "Die Entscheidung finde ich sehr bedauerlich - insbesondere auch für die vielen zehntausend Menschen in Schleswig-Holstein, die die Volksinitiative unterstützt haben", sagte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße in einer Reaktion. Es sei schade, dass das Anliegen der Befürworter einer Gottesformel nicht umgesetzt worden sei. "Ich denke weiterhin, dass die zuletzt abgestimmte Kompromissformulierung die Weite hatte, alle einzubeziehen", so Heße weiter, der dennoch Respekt vor der Entscheidung des Parlaments äußerte.
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Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), sagte: "Das ist für alle, die sich für einen Gottesbezug engagiert haben, eine große Enttäuschung." Die Volksinitiative habe mit Unterstützung der jüdischen, muslimischen und christlichen Gemeinden "sehr viel in Bewegung" gebracht. "An vielen Orten wurde zum Teil leidenschaftlich darüber diskutiert, warum ein Gottesbezug gerade in heutiger Zeit sinnvoll ist. Die öffentliche Auseinandersetzung damit war und ist ein großer Gewinn", betonte Magaard.
Piraten sehen "guten Tag für alle Schleswig-Holsteiner"
Der Vorsitzende der Volksinitiative für den Gottesbezug, der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), sagte, er habe mit einer größeren Zustimmung gerechnet, da der jüngste Vorschlag so offen formuliert gewesen sei. Auch er lobte die breite Diskussion über den Gottesbezug in den vergangenen Monaten. Die Initiative habe viel erreicht.
Der Fraktionschef der Piratenfraktion, Patrick Breyer, sprach dagegen von einem "guten Tag für alle Schleswig-Holsteiner". Die Piraten hätten sich immer gegen alle Versuche verwahrt, dass sich der Staat in persönliche Glaubensfragen einmische. "Glaube ist und bleibt Privatsache", so Breyer. (stz/KNA)