Helga, zu Hilfe!
Diese Woche hatte die selige Helga ihren Namenstag. Die mutmaßlich im Jahre des Herrn 1115 verblichene Einsiedlerin gilt als Helferin bei Augenkrankheiten – und ist damit eigentlich die Frau der Stunde. Denn Vieles kann unsereiner einfach nicht mehr sehen. Zum Beispiel: die stets zu lang gebundene rote Krawatte von Donald Trump.
Manches kann man aber auch einfach nicht mehr hören. So wie die verdruckste Suche von Kirchenoberen nach einer neuen Rollenzuschreibung für Frauen in der Kirche. Kurienkardinal Jean-Louis Tauran ließ da jetzt mit einer erstaunlichen Erkenntnis aufhorchen. Frauen, so formulierte es der Präsident des Päpstlichen Rats für interreligiösen Dialog, seien nicht nur zur Mutterschaft berufen, sondern hätten auch ihren Platz in der Gesellschaft.
Junge, Junge. Was bedeuten solch wohlklingende Worte wohl für die Zukunft unseres Gemeinwesens? Kann eine Frau Bundeskanzlerin werden? Ist die Zeit reif für eine weibliche Währungsfonds-Chefin? Und: Dürfen die Damen jetzt auch Fußball spielen? Rosige Zeiten stehen bevor - eine samtene Revolution kündigt sich an. Im Osten, wo die Sonne aufzugehen pflegt, droht derweil der Untergang des christlichen Abendlandes.
Denn auch der bizarre Streit um das Kreuz auf der Kuppel des wiedererrichteten Berliner Stadtschlosses gehört zu den Dingen, die einem zu den Ohren heraushängen. Liebe Berliner Freunde: Ihr errichtet einen Bau wieder, der bis zur endgültigen Zerstörung durch den obersten Sprengmeister der DDR, Walter Ulbricht, Euer Stadtbild prägte. Ob die um sich greifende historisch verbrämte Disneylandisierung des öffentlichen Raums eine sinnvolle Alternative zu dem das Auge verletzenden architektonischen Kubatur-Gau im Berliner Regierungsviertel und anderswo darstellt, möge man gern weiterdiskutieren.
Aber – und jetzt noch einmal bitte kurz die Lauscher gespitzt, liebe Berliner, wa!? – wenn denn historisch, dann bitte richtig. Und da gehört nun einmal das Kreuz dazu, unabhängig davon, ob der Anblick den ein oder die andere verstört. Ein Vorschlag zur Güte: Im benachbarten Potsdam wird gerade die Garnisonkirche rekonstruiert. Da gab es Misstöne wegen eines Kreuzes auf dem Turm, obwohl ursprünglich keines da war. Hier könnten sich alle religiös Verstörten noch einmal Gehör verschaffen.
Geschichte ist mitunter ein sperrig Ding. Das zeigt sich auch in der evangelischen Jakobskirche im pfälzischen Herxheim. Da hängt und läutet eine Glocke mit der Aufschrift "Alles fuer’s Vaterland Adolf Hitler". Erregte Stimmen fordern nun, die Glocke stumm zu schalten – nach 82 Jahren. Bürgermeister, Pfarrer und der Ortshistoriker plädieren für mehr Maß und Mitte. Sie sehen darin ein Mahnmal, dessen Klang zum Nachdenken über dunkle Zeiten anregen kann.
Irgendwie fehlt es an Besonnenheit. Ob Helga, die ehrwürdige Eremitin, für mehr Durchblick sorgen kann? Zur Sicherheit möchte man zusätzlich den Heiligen Geist anrufen. Nun ist Pfingsten leider gerade erst vorbei. Aber vielleicht schaut er im nächsten Jahr vorbei.