Kühne kritisiert Berichte über Dokumentenfund

Historiker: Luthers Ablassbrief seit 60 Jahren bekannt

Veröffentlicht am 22.10.2017 um 12:09 Uhr – Lesedauer: 
Historiker: Luthers Ablassbrief seit 60 Jahren bekannt
Bild: © KNA
Geschichte

Berlin ‐ Ein Ablassbrief von Martin Luther soll vor kurzem in der Spanischen Nationalbibliothek in Madrid entdeckt worden sein. An diesem Bericht gibt es nun Kritik: Das Dokument sei schon bekannt und erforscht.

  • Teilen:

Der Kirchenhistoriker Hartmut Kühne kritisiert Berichte über den Fund eines Ablassbriefes mit dem Namen Martin Luthers. Die Direktorin des Weserrenaissance-Museums in Lemgo, Vera Lüpkes, hatte in einem Interview gesagt, sie habe das Schriftstück in der spanischen Nationalbibliothek gefunden. "Diesen Ablassbrief hatte der Franziskaner Reinhold Weijenborg schon vor fast 60 Jahren in Madrid entdeckt und ihn 1960 in einem umfangreichen französischen Aufsatz veröffentlicht", sagte Kühne der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag in Berlin. Das Stück sei in der deutschen Forschung bekannt und zuletzt im Jahr 2012 nochmals von dem Erfurter Historiker Rudolf Benl analysiert worden.

Kühne erklärte zudem, die Aussage Lüpkes, der berühmte Ablassprediger Johann Tetzel (1465-1519) habe 1508 in Erfurt gepredigt, sei falsch. "Tetzel war zu dieser Zeit als Vizekommissar des Livlandablasses für das Bistum Meißen zuständig und im März und April in Annaberg, eventuell noch in Chemnitz und Stollberg tätig, aber sicher nicht in Erfurt", sagte der Kurator der Sonderausstellung "Tetzel - Ablass - Fegefeuer" in Jüterbog.

Luther war "Kind seiner Zeit"

Auf der 1631 erstellten Abschrift des Ablassbriefs ist laut Lüpkes Luthers Geburtsname "Martin Luder" gemeinsam mit den Namen vieler Mitbrüder verzeichnet. "Der Papst hatte nämlich angeordnet, dass für Klöster nicht mehr einzelne Ablassbriefe geschrieben werden sollten, sondern einer für das gesamte Kloster", sagte Lüpkes dem Kölner domradio am Donnerstag. Luther war damals Mönch im Erfurter Augustinerkloster. Er sei "ein Kind seiner Zeit" und in der vorreformatorischen Kirche sehr verwurzelt gewesen, so die Wissenschaftlerin. Später bekämpfte der Reformator erbittert den Ablasshandel der Kirche. Lüpkes hatte für die Ausstellung "Mach's Maul auf! - Reformation im Weserraum" recherchiert, die noch bis 7. Januar im Weserrenaissance-Museum läuft. "Nein, wir konnten den Brief nicht ausleihen", sagte sie. Stattdessen habe man eine Kopie des Schriftstücks in dem Katalog zur Ausstellung abgebildet. (KNA)

Linktipp: Ablassbrief mit Martin Luthers Namen gefunden

Martin Luther war ein entschiedener Gegner des Ablasshandels. Jetzt ist ein Ablassbrief mit dem Namen des Reformators aufgetaucht - ausgestellt ausgerechnet vom Gegenspieler Luthers.