"Ich freue mich"
Frage: Herr Erzbischof, was war Ihr erster Gedanke nach der Wahl?
Schick: Ich war froh, dass es so schnell ging und ich war froh, dass es Jorge Mario Bergoglio geworden ist. Er war ja auch schon beim letzten Konklave 2005 ein Kandidat, als Benedikt XVI. gewählt wurde. Jetzt war er eigentlich nicht im Gespräch. Aber ich freue mich, dass er es geworden ist.
Frage: Warum?
Schick: Damit zeigt die Kirche, dass sie über Europa hinausgewachsen ist. Lateinamerika – nach Europa der älteste Kontinent, der christianisiert wurde – bekommt eine kräftige Stimme und somit rückt die ganze Südhälfte des Globus stärker ins Bewusstsein. Angesichts des Nord-Süd-Gefälles auf der Welt ist die Wahl ein Zeichen, dass sich die Kirche mehr für die Armen auf der Südhälfte des Globus engagiert. Das finde ich alles sehr gut!
Frage: Welche Schwerpunkte wird der neue Papst setzen?
Schick: Wie er es bisher getan hat, wird er sich sehr stark für die Armen einsetzen. Der Name Franziskus ist ein sehr deutliches Signal. Franz von Assisi steht eben für den Einsatz für die Armen, er steht für Bescheidenheit im persönlichen Lebensstil, er steht für Ökologie. All diese Eigenschaften des Heiligen wird auch der Papst Franziskus einsetzen.
Frage: Sie sind dem neuen Papst schon persönlich begegnet. Wie haben Sie Ihn erlebt?
Schick: Während der Bischofssynode 2001 sind wir uns in den vier Wochen sehr oft begegnet, aber auch danach habe ich Bergoglio einige Male getroffen. Ich habe ihn als bescheiden erlebt und auch ein Stück wortkarg. Aber weil er immer sehr gut überlegt, bevor er etwas sagt, ist das, was er sagt immer eindeutig, wohlüberlegt und daher auch weiterführend und hilfreich.
Frage: Ist Bescheidenheit nicht ein Nachteil, wenn man eine Organisation mit 1,2 Milliarden Mitgliedern leitet?
Schick: Nein, ganz und gar nicht. Bescheidenheit und Entschiedenheit – das sind keine Gegensätze, sondern die beiden Eigenschaften ergänzen sich gegenseitig. Menschen, die bescheiden sind, sind selbstlos und wer selbstlos ist, der kann auch entschieden sein für die Sache.
Frage: Was wünschen Sie sich als Weltkirche-Bischof vom neuen Kirchenoberhaupt?
Schick: Ich wünsche mir, dass er noch deutlicher macht, dass wir eine weltweite Gemeinschaft sind, in der einer für den anderen verantwortlich ist. Es muss viele Brücken geben zwischen den einzelnen Ortskirchen. Das ist ein Geben und Nehmen. Nur wenn wir in der ganzen weltumspannenden Christenheit solidarisch miteinander sind, bilden wir die Kirche, wie sie Jesus Christus gewollt hat.
Frage: Was sind die größten Herausforderungen für den neuen Papst?
Schick: Die große Herausforderung ist, das Evangelium zu verkünden. Wir müssen eine Sprache finden, damit die frohe Botschaft in unserer kirchlichen Auslegung zu allen Menschen durchdringt. Gerade in Lateinamerika gibt es ja ein großes Problem mit wachsenden evangelikalen Sekten. Außerdem ist es eine große Herausforderung, die Kirche zusammenzuhalten und die Organisation des Vatikans so zu erneuern, dass sie dem Zweck dient, präsent zu sein und das Reich Gottes überall hinzubringen.
Frage: Was bedeutet es für eine mögliche Reform des Vatikans, dass nun einer an seiner Spitze steht, der die Kurie in Rom nur aus der Ferne kennt?
Schick: Bergoglio hat bereits ausgeprägte Leitungserfahrung in der Kirche. Er war Provinzial der Jesuiten, er verwaltet eine sehr große Diözese, er war über einen langen Zeitraum der Vorsitzende der argentinischen Bischofskonferenz. Wichtig ist jetzt, welche Mitarbeiter er sich wählt. Es sind ja etliche Posten neu zu besetzen. Diese Personalentscheidungen sind die Voraussetzung, um dann auch die nötigen Reformen durchzuführen.