Im Dienst für die Einheit
Am 24. Februar hatte Averkamp noch gemeinsam mit dem langjährigen Bischof von Münster Lettmann und dem früheren Leiter des Bischöflich Münsterschen Offizialats, Weihbischof Max Georg Freiherr von Twickel, das 40-jährige Bischofsjubiläum begangen. Lettmann war Ende April mit 80 Jahren auf einer Pilgerreise in Bethlehem gestorben.
Averkamp hatte im September einen schweren Schlaganfall erlitten. Damals musste er auf der Intensivstation des katholischen Marienkrankenhauses behandelt werden. Es folgte eine lange Erholungsphase auf der geriatrischen Station, später im Pflegeheim Sankt Bernard neben dem St. Marien-Dom, wo er seit einigen Jahren lebte. In den letzten Monaten hatte sich der Geistliche offensichtlich erholt, obwohl er an den Rollstuhl gefesselt blieb.
Dennoch sah man ihn sonntags im Dom, wo er sichtlich klar der Messe folgte und die Lieder mitsang. Da er durch seine Krankheit die rechte Hand nicht mehr bewegen konnte, trainierte er mit eiserner Disziplin das Schreiben mit der Linken.
Kein großes Gehabe vom Münsterländer
Das passte zu dem in Velen im Münsterland geborenen Averkamp, der nicht mit großem Gehabe, doch mit Freundlichkeit, Gottvertrauen und Zuversicht auftrat. Averkamp kam am 16. Februar 1927 als Sohn eines Bauern zur Welt. Er studierte in Münster und Rom Theologie und Philosophie, wo 1954 seine Priesterweihe erfolgte. 1973 wurde er Weihbischof in Münster. Ab 1985 war er Koadjutor und ab 1987 Bischof von Osnabrück.
Im Januar 1995 rückte Averkamp an die Spitze der Erzdiözese Hamburg und blieb auch nach seiner Emeritierung Ende 2002 in der Hansestadt. Zum Erzbistum Hamburg, Deutschlands flächenmäßig größter Diözese, zählen rund 390.000 Katholiken in der Hansestadt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Allein die Integration der in der DDR sozialisierten Katholiken in Schwerin, Rostock oder Ludwigslust darf als Herkulesaufgabe in dem Diasporabistum angesehen werden.
„Verbindend und verbindlich hat Erzbischof Ludwig die Bistumsentwicklung im Norden vorangetrieben“
So würdigte Averkamps Nachfolger, der ebenfalls aus dem Bistum Münster stammende Werner Thissen, ihn zu dessen 40-jährigem Bischofsjubiläum im Februar als "Glücksfall" für das damals neu gegründete Erzbistum. Averkamp habe sich hier besonders um die Gestaltung der deutschen Einheit verdient gemacht, so Thissen. In der Hansestadt, wo ein Drittel der Katholiken anderer Muttersprache sind, habe ihn der Dienst der Einheit besonders gefordert. Zudem sei es ihm darum gegangen, in den drei beteiligten Bundesländern ein gemeinsames Bistumsbewusstsein einzupflanzen.
Auch habe sich Averkamp für die Ökumene eingesetzt. "Verbindend und verbindlich hat Erzbischof Ludwig die Bistumsentwicklung im Norden vorangetrieben", so Thissen. "Auf diesem Fundament macht das Weiterbauen Freude."
Bis zur Erkrankung ein gefragter Redner, Zelebrant und geistlicher Begleiter
Ohne Zweifel ist auch am Nordbistum der demografische und gesellschaftliche Wandel nicht vorübergegangen. Die Zahl der Priester und Gemeinden ist deutlich gesunken; im Zuge dessen läuft seit zwei Jahren der Strukturprozess "Pastorale Räume". Doch entwickelt sich die absolute Zahl der Katholiken im Norden gegen den Bundestrend positiv. In der Hansestadt gibt es sogar - sicher auch bedingt durch den Zuzug in die Metropole - so viele katholische Christen wie noch nie.
Averkamp selbst blieb bis zu seiner Erkrankung ein gefragter Redner, Zelebrant, geistlicher Begleiter und Leiter von Exerzitien. Bei einem Vortrag vor den Priestern und Diakonen des Erzbistums hatte er einmal geäußert, seiner Glaubensüberzeugung nach sei es sicher, dass mit dem Ende des irdischen Lebens die Existenz der Menschen nicht vorbei ist. "Es gibt für uns ein ewiges Zuhause; und dieses Zuhause ist nirgendwo anders als bei Gott", betonte er. Nun hat sich Ludwig Averkamp auf diese Reise begeben.
Von Sabine Kleyboldt (KNA)