Ist der Papst dumm?
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Ein wachsendes Grundrauschen begleitet das Pontifikat von Franziskus seit seinen ersten Äußerungen. Franz redet spontan und daher unsystematisch. Der Papst lässt in seinen Reden die Faust fliegen, Kaninchen sich vermehren und Väter Kinder angemessen schlagen. Aber vor allem scheint er an Traditionsbestände wie die unauflösliche Ehe und jetzt auch an die Weihe zu rühren. Zwar ändert er nichts. Aber er spricht darüber. Das bringt die Konservativen auf. Ihr sorgsam gepflegtes Bild von der stimmigen, unveränderbaren katholischen Lehrtradition hat sich als Fälschung erwiesen. Man muss aber zugeben: Manches rutscht Franziskus offenbar einfach heraus. Das mit der Prüfung der Diakoninnenweihe entfuhr ihm, als ihn die in Rom versammelten Generaloberinnen der Frauenorden befragten. Hätte er es auch von sich aus gesagt? Gerade ging einer der großen Papstberater öffentlich auf Distanz. Robert Spaemann, der katholische Philosoph aus Stuttgart, zürnte bei der konservativen Catholic News Agency, Franziskus breche mit der katholischen Lehrtradition. Zudem habe der Papst das Chaos zum Prinzip erhoben. Seine Kultur der Spontanität sei "nicht hilfreich". Der Papst lese zu wenig und habe mit Theologie nicht viel im Sinn. Aus dem Mund eines Schreibenden bedeutet es ein vernichtendes Urteil, dass der Delinquent wenig liest. Spaemann meint: Papst Franziskus ist ungebildet. Die Frage, die er nicht stellt, lautet: Kann ein Ungebildeter auf dem Stuhl Petri sitzen? Vor wenigen Wochen, als Franziskus mit dem Schreiben "Amoris laetitia" sein Ergebnis zweier Bischofssynoden veröffentlichte, war die Verlegenheit groß. Eine Fußnote im Text legte nahe, dass der Papst wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion anbieten möchte. Dieser Bruch mit der bisherigen Lehre brachte die konservativen Ausleger ins Schleudern. Kardinal Raymond Burke, 2014 noch einer der konservativen Wortführer und dann vom Papst durch eine Versetzung aus dem Kreis der Synodalen entfernt, versuchte es mit einem Spagat: Amoris laetitia stelle kein Produkt des Lehramtes dar. Das brachte den Publizisten Giuseppe Nardi auf: Burkes Argumentation sei schwach, "wo sie auf Kritik am Vorgehen von Franziskus verzichtet". Unter konservativen Katholiken wächst die Bereitschaft, dem Papst den Gehorsam aufzukündigen. Es ist beliebt, die Kritik am Papst in Vorwürfen gegen die Papstversteher zu verpacken. Anian Christoph Wimmer, der deutsche Chefredakteur der Catholic News Agency, meinte, nicht immer sei klar und deutlich, was der Papst sagen wolle. Aber er kritisierte diejenigen, die jedes seiner Worte sofort weitergäben. Selbst der oberste Glaubenshüter, Gerhard Ludwig Kardinal Müller, sagte vor Kurzem sibyllinisch im Interview mit der ZEIT: "Papst Franziskus pflegt seinen eignen Stil in Predigt und Seelsorge." Alle seine Aussagen und Gesten seien aber "im Rahmen des katholischen Glaubensbekenntnisses auszulegen". Das erinnert etwas an frühere Jahrhunderte, als die Kirche den Gläubigen die Lektüre der Bibel verbot, angeblich, weil sie die Heilige Schrift nur mit der Auslegung des Lehramtes verstehen könnten.