Reformer und Traditionalisten ringen in US-Kirche um Einfluss

Jetzt erst recht

Veröffentlicht am 15.11.2015 um 13:30 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 
Jetzt erst recht
Bild: © KNA
US-Kirche

Baltimore ‐ Trotz des Besuchs von Papst Franziskus tut sich die katholische Kirche in den USA schwer mit dessen Reformkurs. Bei ihrer bevorstehenden Herbsttagung in Baltimore stehen die Bischöfe deshalb vor wichtigen Weichenstellungen.

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Bischof Thomas vermisste wie andere Teilnehmer eine Reflexion der Reformimpulse des Papstes. Er habe gehofft, die Gemeinschaft der Bischöfe würde ihr gesamtes Gewicht nutzen, um "sich zu einem Anwalt der Armen in Amerika zu machen", erklärte er.

Bischof Christopher Coyne aus Burlington (Vermont) pflichtete dem bei. Die Schwerpunkte sähen aus wie immer. "Wir tun, was wir wir schon immer taten", beklagte er. Es fehlten Themen, die Franziskus zu einem Markenzeichen seiner Führung gemacht habe - allen voran die Sorge um die Schöpfung und die barmherzige Kirche.

Katalog für die Herbsttagung nach Papstbesuch überarbeitet

Der für die Ausarbeitung des Katalogs zuständige Vorsitzende des Komitees für "Prioritäten und Pläne", Erzbischof Peter Sartain aus Seattle, besänftigte die Kritiker im Sommer mit dem Hinweis, der vorliegende Entwurf werde bis zur Herbsttagung noch einmal überarbeitet. Ab Montag (16. November) treffen die US-Bischöfe nun in Baltimore erneut zusammen.

Anlass dazu gibt jetzt erst recht, etwa durch die Enzyklika "Laudato si", in der Papst Franziskus die Themen Umwelt und Klimaschutz ganz oben auf die kirchliche Agenda setzt. Bei seinem USA-Besuch im September pochte er dann vor dem Kongress und den Vereinten Nationen auf die Rechte der Armen und die Bewahrung der Schöpfung. Die US-Bischöfe warnte er vor "harscher und spaltender Sprache". Diese dürfe keinen Platz im Herzen von Pastoren haben. "Nur der anhaltende Appell an Güte und Liebe überzeugt am Ende wirklich", mahnte der Papst.

Charles Joseph Chaput, Erzbischof von Philadelphia.
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Der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, gehörte zu den Konservativen, die bei der Familiensynode offen Widerstand leisteten.

Im Oktober folgte die Familiensynode im Vatikan, zu deren Abschluss Franziskus für eine inklusive Kirche warb. Der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, der Franziskus zuvor noch als Gastgeber des Welttreffens der Familien willkommen geheißen hatte, gehörte zu den Konservativen, die bei der Synode offen Widerstand leisteten. "Es ist sehr schwer, diejenigen einzuschließen, die nicht eingeschlossen werden wollen", so der Erzbischof mit Blick auf die Anliegen homosexueller und geschiedener Katholiken. "Wir müssen eine Kirche bleiben, die dem Wort Gottes verpflichtet ist."

Dieses Kräftemessen zwischen Reformern und Traditionalisten dürfte sich nach Ansicht von Beobachtern bei der Herbsttagung der US-Bischöfe in Baltimore fortsetzen. Neben der Prioritätenliste bietet sich der überarbeitete Wählerleitfaden als klarer Indikator an, in welche Richtung sich die US-Kirche bewegt. Das Dokument mit dem Titel "Forming Consciences for Faithful Citizenship" wird stets im Jahr vor den Präsidentschaftswahlen überarbeitet und soll diesmal eine neue Einleitung erhalten. Ob es Themen wie die Rechte der Einwanderer und den Klimaschutz so gewichtet wie der Papst, bleibt bislang eine offene Frage.

Wie schneiden die von Franziskus ernannten Bischöfe ab?

Die offizielle Pressemitteilung der USCCB zur Herbsttagung lässt indes kaum Änderungen erkennen. Sie hebt eine pastorale Antwort der Bischöfe auf das Problem der Pornografie hervor, die in Baltimore unter dem Titel "Schaffe in mir ein reines Herz" beschlossen werden soll.

Ein langjähriger Beobachter der US-Kirche, Thomas Reese vom "National Catholic Reporter", ist der Ansicht, die Wahlen zu den verschiedenen Komitees der Bischofskonferenz könnten Aufschluss geben. Inwieweit Franziskus in der US-Kirche ankomme, lasse sich daran ablesen, wie die von ihm benannten Bischöfe abschnitten: allen voran der Bischof von San Diego, Robert McElroy, der Erzbischof von Indianapolis, Joseph Tobin, und Bischof Frank Caggiano aus Bridgeport (Connecticut), der Erzbischof Chaput den Vorsitz des Komitees für Ehe und Familienleben streitig macht.

Sollten sich die Traditionalisten durchsetzen, erwarten Reese und andere Experten einen personellen Umbruch innerhalb der Bischofskonferenz. Ohne klaren Richtungswechsel, so die Einschätzung, werde sich eine bedeutsame Zahl an Schlüsselpersonen für den Abgang entscheiden.

Von Thomas Spang (KNA)