Katholischer Blick auf Luther
Aus der Distanz von beinahe 500 Jahren befremden solche Äußerungen nur noch - so gut sind die ökumenischen Beziehungen zwischen Katholiken und Protestanten inzwischen. Mit Blick auf das 500-Jahr-Gedenken des Reformationsbeginns, das die Evangelische Kirche in Deutschland 2017 begeht, hat das katholische Bistum Magdeburg nun sogar ein eigenes Projekt gestartet, das sich mit Luther beschäftigt. "2017: Neu hinsehen - ein katholischer Blick auf Luther" soll den verschiedenen Perspektiven in der katholischen Kirche auf den Reformator nachspüren - und damit auch die ökumenischen Beziehungen festigen.
Neutrale Neugier gegenüber dem Reformator
Für Katholiken sei in der Regel die "Person Martin Luthers eher fern", betont der katholische Theologe Stephan Mokry, der für das Gemeinschaftsprojekt der Katholischen Akademie und der Erwachsenenbildung im Bistum Magdeburg zuständig ist. "Es herrscht aber eine neutrale Neugier." Er will dazu ermuntern, sich unvoreingenommen mit Luther zu beschäftigen. "Man weiß, dass er auf der Wartburg das Neue Testament übersetzt oder dass er geheiratet hat", fasst Mokry den üblichen Kenntnisstand von Katholiken zusammen. Ihm geht es nun um weitergehende Informationen.
"Zur Einheit gerufen"
Vor über 50 Jahren erschien das Ökumenismusdekret "Unitatis redintegratio" des Zweiten Vatikanischen Konzils. Aus Anlass des Jubiläums hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Broschüre herausgegeben, mit der sie an das Ereignis erinnern möchte und die unter dem Motto "Zur Einheit gerufen" steht.Die Projektstelle ist in Halle an der Saale angesiedelt - mitten im "Lutherland". Dies sei für ihn wichtig, um auf den Spuren des Reformators zu wandeln, betont der gebürtige Münchner Mokry, der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit der Universität seiner Heimatstadt war. Wittenberg, Eisenach, Eisleben - "ich bin immer wieder an den Orten, wo es passiert ist. Es herrschte damals ein regelrechtes Theologie-Treiben", so der 37-Jährige. "Das waren ja alles keine weiten Wege."
Im Rahmen des Projekts plant Mokry zwei Bücher, in denen katholische Theologen sich mit der Reformation beschäftigen. Es gibt eine eigene Homepage, und ein eigenes Arbeitsheft für den Religionsunterricht widmet sich dem Thema. Und Mokry organisiert Studienfahrten zu den Wirkungsstätten Luthers. Er will auch bundesweit "Erzählcafes" in Pfarreien anstoßen. Dort sollen Menschen zur Sprache kommen, deren Leben durch die Kirchenspaltung vor 500 Jahren heute noch bestimmt ist - etwa gemischt-konfessionelle Ehen.
Hoffnung auf mehr gegenseitiges Verständnis
"Es geht um die ökumenische Geschichte miteinander, die durchaus auch leidvoll ist", sagt Mokry. Er schrieb seine Doktorarbeit über Kardinal Julius Döpfner und das Zweite Vatikanische Konzil, das die katholische Kirche für den Dialog mit anderen christlichen Konfessionen öffnete. Durch seine Projekte erhofft sich Mokry eine bundesweite Ausstrahlung des Themas - und mehr gegenseitiges Verständnis.
Die Katholiken haben den Papst, und die Protestanten eben Martin Luther, hört Mokry immer wieder. "Aber es sind andere Formen der Wertschätzung", rückt er zurecht. "Protestanten schätzen Luther als denjenigen, dem sie ihren Glauben zu verdanken haben. Das ist aber nicht vergleichbar mit der manchmal kindlichen Verehrung von Katholiken für ihren Heiligen Vater."