Deutsche Hilfswerke sind drei Monate nach dem Taifun auf den Philippinen aktiv

Keine Ruhe nach dem Sturm

Veröffentlicht am 08.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Taifun Haiyan

Tacloban/Bonn ‐ Am 8. November 2013 ging alles ganz schnell. Der Taifun "Haiyan" brauchte nur wenige Stunden, danach war auf den Philippinen nichts mehr wie zuvor. Infolge des Sturms starben Tausende Menschen, Millionen wurden obdachlos, Städte dem Boden gleichgemacht und ganze Landstriche zerstört. Drei Monate danach ziehen die katholischen Hilfswerke nun eine erste Bilanz. Ihr Fazit: Es bleibt noch viel zu tun.

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"Im Land herrscht immer noch eine große Zerstörung", erklärt etwa Klaus Walraf von der Pressestelle des Malteser-Hilfsdienst gegenüber katholisch.de. Nach Angaben seiner Kollegin Cordula Wasser, für die Philippinen zuständige Länderreferentin, lebt die Mehrheit der Menschen in den Katastrophengebieten noch immer in Zelten und Behelfsunterkünften. Ähnliches berichten auch Misereor und Caritas international: Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel kehrte erst in der vergangenen Nacht von den Philippinen zurück: "Wir sind in den vergangenen Tagen zum Beispiel von Ormoc über Tacloban zu einer vorgelagerten Insel nahe Guiuan gefahren. Das sind sieben Stunden Fahrt und sieben Stunden sehen Sie rechts und links der Straße zerstörte Häuser und abgedeckte Dächer", erklärte er im Interview mit katholisch.de.

Besser wiederaufbauen

Daher planen die katholischen Hilfswerke, sich noch über mehrere Jahre weiter in dem Land zu engagieren. Zwar ist die erste Phase der konkreten Nothilfe abgeschlossen: Die Straßen sind weitgehend aufgeräumt, die meisten Menschen haben genug zu essen und die dringendste medizinische Versorgung ist gewährleistet. Doch jetzt gilt es, längerfristige Wiederaufbauhilfe zu leisten – und dabei bestenfalls auch Mängel zu verbessern, die es vor dem Sturm gab. "Das Prinzip 'building back better' bedeutet, etwa bei den Häusern nicht einfach den Ausgangszustand wiederherzustellen, sondern die Menschen in Zukunft besser zu schützen", erklärt Klaus Walfraf. "Das schafft man nicht, wenn man nach ein paar Wochen wieder abzieht, da muss man schon länger bleiben und mit den Behörden zusammenarbeiten". Ähnlich formuliert es auch seine Kollegin Cordula Wasser: "Beim nächsten Taifun sollen die Häuser stehen bleiben", sagt die Malteserin entschlossen.

Bild: ©Elmar Noé/MISEREOR

Misereor-Chef Pirmin Spiegel spricht drei Monaten nach dem Taifun Haiyan mit einer Frau auf den Philippinen.

Bei ihrer Arbeit sprechen sich die internationalen Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen untereinander ab – etwa wenn es darum geht, wer sich in welcher Region engagiert. "Tacloban, das als Stadt quasi symbolisch für den Taifun steht, ist natürlich sofort im Blick. Aber in den abgelegenen, weniger bekannten Regionen ist der Hilfsbedarf mindesten genauso groß", erklärt Daniel Apolinarski, zuständiger Länderreferent bei Caritas international. Das Hilfswerk engagiert sich besonders in zwei Diözesen auf der östlichen Insel Samar. Vier bis fünf Mitarbeiter sind im Land, die sich schwerpunktmäßig für den Wiederaufbau von Wohnhäusern, Schulen und sozialen Einrichtungen einsetzen, ein Millionenbetrag in zweistelliger Höhe ist für die nächsten Jahre eingeplant.

Solidarität und der Glaube stützt die Menschen

Doch nicht nur die Infrastruktur hat der Sturm zerstört, auch an vielen Menschen ist das Ereignis nicht spurlos vorübergegangen. Traumata treten auf. Misereor-Geschäftsführer Spiegel hat während seiner Reise Menschen getroffen, deren Familien komplett ausradiert wurden: "Wenn Sie deren Angehörigen begegnen, denen alles geraubt wurde, was bisher ihr Lebenssinn war - wie ist ihnen dann zu vermitteln, dass sie ihren Mut nicht verlieren und vertrauensvoll in die Zukunft blicken sollen? Das braucht Zeit", sagt er. Auch die Malteser berücksichtigen diesen Aspekt. So versuchen sie nach Angaben von Klaus Wallraf auch, gezielt auf Kinder zuzugehen: "Es ist wichtig, dass sie einfach mal unbeschwert Fußball spielen können, auf andere Gedanken kommen und so etwas wie Normalität spüren", erklärt er.

Die Helfer haben aber auch beobachtet, dass die Menschen trotz oder gerade wegen der schlimmen Ereignisse untereinander eine besondere Solidarität zeigen: "Es ist faszinierend, mit welcher Dynamik sie an den Wiederaufbau gehen", berichtet Daniel Apolinarski. Das Hilfswerk sieht die Menschen auf den Philippinen in ihrer Entwicklung sogar sehr viel weiter als die Betroffenen anderer Länder nach vergleichbar schweren Naturkatastrophen zum gleichen Zeitpunkt.

Vielen Inselbewohnern helfe auch der Glaube: "Es gibt auf den Philippinen eine starke katholische Kirche mit einem ausgeprägten Netzwerk. Seelsorgerische Angebote sind reichlich vorhanden", sagt Apolinarski. Auch Misereor-Geschäftsführer Spiegel hat bei Gottesdiensten und Gebeten beobachtet, wie sehr der Glaube die Menschen stützt. Es herrscht also Hoffnung - auch wenn es noch Jahre dauern wird, das wieder aufzubauen, was der Sturm in wenigen Stunden zerstört hat.

Von Gabriele Höfling