Kölns kämpferischer Kardinal
Meisner rechnet damit, dass es spätestens im Februar soweit ist. Ein genaues Datum für seine Emeritierung wurde bislang aber nicht bekannt. Am 12. Februar jährt sich Meisners Amtsantritt in Köln zum 25. Mal.
Zweifel am Zölibat oder Forderungen nach dem Frauenpriestertum etwa fordern Meisner heraus, für die jahrhundertealte Kirchenordnung einzutreten. Dabei geht es ihm zunächst gar nicht darum, gegen etwas zu sein. Vielmehr will er für die "Schönheit des katholischen Glaubens" eine Lanze brechen - und stößt damit in einer zunehmend säkular geprägten Welt auf Widerspruch. Auch im Erzbistum Köln scheut er keinen Konflikt.
Breslau, Berlin, Köln
Gegenwind aushalten - diese Haltung hat der 1933 im schlesischen Breslau geborene Geistliche besonders in der DDR entwickelt. Mit der Familie flüchtete er 1945 nach Thüringen, wo er nach einer Banklehre Priester und dann Weihbischof in Erfurt wurde. 1980 kam er als Bischof in die geteilte Stadt Berlin und legte sich mit Honecker und Genossen an. Angesichts der Sowjetsterne auf vielen öffentlichen Gebäuden der DDR rief er beim Dresdner Katholikentag 1987 in die Menge, dass die Katholiken "keinem anderen Stern folgen als dem von Bethlehem".
Papst Johannes Paul II., zu dem Meisner ein enges persönliches Verhältnis pflegte, wollte ihn nach dem Tod von Kardinal Joseph Höffner an der Spitze des Erzbistums Köln haben. Schließlich gehört Köln zu den weltweit mitgliederstärksten und finanzkräftigsten Diözesen. Meisner wechselte am 12. Februar 1989 von der Spree an den Rhein - neun Monate vor dem Fall der Mauer. In Köln, seiner vierten "Heimat", kämpft er seitdem nicht mehr gegen staatlich verordneten Atheismus, sondern gegen Gottvergessenheit in einer konsumorientierten Welt.
Die besondere Aufmerksamkeit Meisners gilt dem Lebensschutz. Scharf wendet er sich gegen Versuche, aktive Sterbehilfe zu erlauben: "Der Mensch soll an der Hand des Menschen sterben, nicht aber durch seine Hand." Nicht minder energisch prangert er Abtreibungen und Forschungen an Embryonen an, um "alt und krank gewordenes Leben sanieren zu können".
Ausstieg aus der staatlichen Schwangerenberatung
Dem Erzbischof missfällt es, dass die Bescheinigung über eine Schwangerenberatung Frauen einen straffreien Abbruch ermöglicht. Nicht zuletzt auf seine Initiative ging es zurück, dass Johannes Paul II. 1999 den Ausstieg der Kirche aus dieser Art der staatlichen Schwangerenberatung verfügte - ein Schritt, den manche Bischöfe nur ungern vollzogen. Dennoch zog sich der Kardinal vor wenigen Monaten den Unmut ultrakatholischer Hardliner zu, als er in der Debatte um die "Pille danach" im Falle einer Vergewaltigung Hormon-Präparate für zulässig erklärte, die "eine verhütende und nicht eine abtreibende Wirkung" haben.
Meisner möchte den Glauben an den Mann oder die Frau bringen, ohne diesen "zu verbilligen". Eine Zulassung zu den Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene lehnt er ab. Glaubensfeste wie der Kölner Weltjugendtag 2005 oder der Eucharistische Kongress 2013 mit Elementen wie Anbetungen und Beichten liegen ihm mehr als Katholikentage, wo "zu viel diskutiert und zu wenig gebetet" werde.
Meisners Augapfel
Erschüttert reagierte der Kardinal auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. , mit dem er ebenfalls freundschaftlich verbunden ist. "Bis zum Tod - das habe ich nicht nur in Bezug auf Ehen so gesehen, sondern auch auf das Papstamt", so Meisner. Inzwischen seien aber seine Vorbehalte "weggeschmolzen", betont der Kardinal mit Hinweis auf die körperliche Schwäche Benedikts.
Dem neuen Papst aus Lateinamerika steht Meisner persönlich nicht so nahe. Unterschiede zu den beiden Vorgängern macht er aber nur im Stil und nicht im Inhalt aus. Die reine kirchliche Lehre bleibt Meisners Augapfel auch im Ruhestand, den er in Köln verbringen will. Seine kompromisslose Haltung hat ihm das Etikett "konservativ" eingebracht. Er sieht's positiv. Denn konservativ meine doch nur, "den Glauben zu bewahren".
Von Andreas Otto (KNA)