Bischof Algermissen beklagt "Erosion des Glaubens"

Kongress "Freude am Glauben" eröffnet

Veröffentlicht am 07.07.2017 um 15:32 Uhr – Lesedauer: 
Kirche

Fulda ‐ Dieses Wochenende ist Fulda das Mekka der konservativen Katholiken: Der Kongress "Freude am Glauben" hat begonnen. In der Eröffnungsmesse kritisierte Bischof Algermissen die "Ehe für alle".

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Mit einem Gottesdienst im Dom zu Fulda ist am Freitag der diesjährige Kongress "Freude am Glauben" eröffnet worden. Für den bis Sonntag dauernden Kongress des konservativen Forums Deutscher Katholiken rechnen die Veranstalter mit 1.200 bis 1.500 Teilnehmern.

In seiner Predigt beklagte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen eine Erosion des katholischen Glaubens in Deutschland. Diese Erosion stelle sich dar im leisen Auszug von mittlerweile zwei Generationen aus der Kirche. Er sehe nicht den Typ des freien, entschiedenen und profilierten katholischen Christen, der selbstbewusst zum Glauben stehe, sagte der Bischof. Stattdessen nehme er häufiger Christen wahr, die alles daransetzten, das zu relativieren, was sie von anderen unterscheiden könnte.

Bild: ©KNA

Heinz Josef Algermissen ist seit 2001 Bischof von Fulda.

"Die Kirche", so Algermissen, "stirbt schleichend in den Seelen ihrer Mitglieder, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird." Der "Grundwasserspiegel des Glaubens" sei in erschreckendem Ausmaß gesunken, sagte Algermissen. Dieses an die Substanz gehende Defizit gehöre endlich auf die Tagesordnung der deutschen Bistümer und der Bischofskonferenz.

Algermissen räumte ein, "Gott sei Dank" gebe es die "kleine Herde" bekenntnisstarker und beispielhafter Christen. Er warnte, das Kleiner-Werden dürfe allerdings nicht in verschämtes Schweigen münden, sondern müsse sich verbinden mit einer erkennbaren Profilierung durch einen Glauben, der durchdacht und auskunftsfähig sei.

Algermissen kritisiert die Bundeskanzlerin

Bei der Auftaktveranstaltung sprach der Fuldaer Bischof von einem gesellschaftlichen Dammbruch und von einem "schwarzen Freitag". Der Bundestag hatte das Gesetz am vergangenen Freitag beschlossen; an diesem Freitag billigte dann auch der Bundesrat die "Ehe für alle".

Ausdrücklich kritisierte der Bischof Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Es habe sich gezeigt, dass ihr Machterhaltung offensichtlich wichtiger sei als Treue zu Prinzipien. Merkel hatte für eine Abstimmung im Bundestag über die "Ehe für alle" den Fraktionszwang in der Union aufgehoben; es gehe um eine Gewissensentscheidung. Daraufhin hatte die SPD das Thema auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt.

Algermissen betonte, eine Öffnung der Ehe für Homosexuelle verstoße klar gegen das Grundgesetz. Weil die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft aus sich heraus keine Kinder hervorbringen könne, werde eine tiefe Konfusion des Verständnisses von Ehe herbeigeführt. Algermissen hofft jetzt auf eine Verfassungsklage gegen das Gesetz.

Linktipp: Konservative Glaubensfreude

Es ist das wohl größte bundesweite Treffen von konservativen katholischen Gruppen. Seit 14 Jahren organisiert das "Forum deutscher Katholiken" seinen dreitägigen Kongress "Freude am Glauben". Im Mittelpunkt standen an diesem Wochenende in Fulda die Diskussionen, wie in einer als "entchristlicht" kritisierten Gesellschaft neue Aufbrüche für Kirche und Glaube entstehen könnten. (Artikel vom Juli 2014)

Mit Blick auf die Ökumene bedauerte der Bischof, dass die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) anders als die katholischen Bischöfe die "Ehe für alle" begrüßt habe. In der Ökumene stehe man nun vor einer "großen Ernüchterung". "Nach meiner Erfahrung im ökumenischen Dialog seit nunmehr 48 Jahren entfernen wir uns in ethischen und bioethischen Fragen immer weiter voneinander", sagte Algermissen, der stellvertretender Vorsitzender der Ökumene-Kommission der katholischen Bischofskonferenz ist.

Der Vorsitzende des Forums Deutscher Katholiken, Hubert Gindert, beklagte mit Blick auf die "Ehe für alle", man lebe in einem "Reich des Relativismus". Wer wolle, dass Grundrechte erhalten würden, müsse dafür kämpfen.

Eterovic: "Wir sind eine kleine Herde, aber wir fürchten uns nicht!"

Grußworte zu dem Kongress schickten neben anderen der Botschafter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Eterovic schrieb, die Zahl derer in Deutschland, die treu zur katholischen Kirche stünden, sinke beunruhigend. Er betonte zugleich: "Wir sind eine kleine Herde, aber wir fürchten uns nicht! Die Kirche ist ihrer Natur nach missionarisch." Marx schrieb, die Kirche sei aufgerufen, sich furchtlos mit ihrer Botschaft auf die Gesellschaft einzulassen.

Mit einem Gebet gedachten die Kongressteilnehmer des am Mittwoch im Alter von 83 Jahren verstorbenen früheren Kölner Erzbischofs Kardinal Joachim Meisner. Der Kardinal sei ein "großer Freund" der Kongresse "Freude am Glauben" und des Forums von Anfang an gewesen, sagte Gindert.

Das Forum Deutscher Katholiken versteht sich als ein lockerer Zusammenschluss "papst- und kirchentreuer" Katholiken. Der diesjährige Kongress "Freude am Glauben" ist der 17. Er steht unter dem Motto "Fürchte dich nicht, du kleine Herde!"; die Worte sind dem Lukas-Evangelium entnommen. (rom/KNA)

7.7.2017, 16.50 Uhr: ergänzt um Aussagen zur "Ehe für alle" und zum verstorbenen Kardinal Meisner.