Marx hofft auf Verfassungsklage gegen "Ehe für alle"
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wünscht sich von Bayern eine Verfassungsklage gegen die "Ehe für alle". Er würde einen solchen Schritt, den Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) derzeit prüfen lässt, "sehr begrüßen", sagte der Erzbischof von München und Freising der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag). Er wolle "schon wissen, was das Bundesverfassungsgericht über die Ehe für alle denkt". Für den Rechtsfrieden in Deutschland wäre solch ein Urteil gut, so Marx. Die jetzt gefundene Regelung definiere Ehe jedenfalls anders, als es bislang im Grundgesetz angelegt sei.
"Kein Dammbruch"
Marx sieht in der "Ehe für alle" indes keinen "Dammbruch". Diesen Begriff hatten Kritiker benutzt, um ihre Befürchtung auszudrücken, dass es künftig etwa auch Ehen zu dritt oder unter Geschwistern geben könne. "Bei dem jetzigen Gesetz geht es um die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und nicht für Verwandte oder drei, vier Personen", sagte Marx.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) lässt bislang offen, ob seine Landesregierung gegen die Ehe für alle vor dem Bundesverfassungsgericht klagen wird. Der Sachverhalt müsse juristisch sorgfältig geprüft werden und das werde dauern, hatte er gesagt.
Darüber hinaus erinnert der Kardinal in dem Interview daran, dass die Kirche in Bezug auf Homosexuellen-Rechte keine Vorreiterrolle übernommen habe. Sie habe sich mit der früheren Verfolgung Homosexueller in Deutschland eigentlich nicht befasst. Marx erklärte, an dieser Stelle "Bedauern" aussprechen zu müssen. "Ich habe ja auch nichts dagegen getan, dass Homosexuelle strafrechtlich verfolgt wurden."
Zur jüngsten Ablösung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller an der Spitze der vatikanischen Glaubenskongregation zeigte sich Marx überrascht: "Ich wusste vorher nichts davon." Er ergänzte: "Es ist aber in den vergangenen Jahren keinem verborgen geblieben, dass manche Äußerungen und Positionen Kardinal Müllers und des Papstes nur schwer miteinander vermittelbar erschienen."
"Niemand darf in Kriegssituation abgeschoben werden"
Auch über das Thema Abschiebungen nach Afghanistan äußerte sich Marx. Rückführungen müssten zwar grundsätzlich möglich sein. "Es darf aber niemand in eine Kriegssituation abgeschoben werden - und das ist nicht exklusive Meinung der katholischen Kirche, sondern Völkerrecht." Es dürfe nicht sein, dass durch Abschiebungen nach Afghanistan lediglich die Bevölkerung in Deutschland beruhigt werden solle."
Mit Blick auf sogenannte Gefährder fragte Marx: "Ist es letztlich sicherer, wenn ein Gefährder bei uns im Gefängnis sitzt oder sich im Ausland wieder den Terroristen vom Islamischen Staat anschließen kann?" (gho/dpa/KNA)