Marx: Kirche will Politik nicht ersetzen
Trotz weltweiter Krisen sollten die Menschen nach Worten des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nicht resignieren. Die Anzeichen dafür, dass die Welt unsicherer werde, bedrückten auch ihn, sagte der Münchner Erzbischof im "Interview der Woche" des Deutschlandfunk, das am Sonntag ausgestrahlt wird. "Aber Ostern ist ja gerade ein Blick darauf, dass wir nicht verzweifeln dürfen." Auf keinen Fall dürften jene siegen, "die mit Terror und Gewalt ihre Ziele durchsetzen wollen".
"Tiefste Zeit im ganzen Jahr"
Für ihn persönlich, fügte Marx hinzu, sei Ostern die "geistlich tiefste Zeit im ganzen Jahr". Auch Menschen, die nicht gläubig seien, könnten sich in diesen Tagen mit der Frage befassen, ob der Tod wirklich das letzte Wort habe. Diese Frage werde die Menschen begleiten, "bis die Welt zu Ende geht". Ostern rüttle diese Frage auf und sage: "Ja, es gibt diese Hoffnung!"
Ostern: Das Fest der Auferstehung
Ostern ist das älteste und höchste Fest im Kirchenjahr. In der Osternacht zwischen Karsamstag und Ostersonntag feiern Christen die Auferstehung Jesu Christi. Rund um das Osterfest gibt es zahlreiche Bräuche und Riten. Das Dossier informiert über Ostern und die Auferstehung.In Bezug auf die katholische Kirche in Deutschland sagte Marx, sie solle sich nicht aus der politischen Debatte heraushalten. "Also, einfach zu sagen: Die Kirche ist für die Kirche da, für das Kirchengebäude und die Sakristei, und die politischen Angelegenheiten, die öffentlichen Angelegenheiten, da sollen sich die Kirchen, auch die Bischöfe, heraushalten. Das entspricht nicht der Tradition", erklärte er mit Verweis auf die katholische Soziallehre. Dabei gehe es der Kirche aber nicht darum, die Politik zu ersetzen, also selbst Politik zu machen - "sondern Politik möglich zu machen". Das bedeute, "einen Horizont aufzuzeigen, der Fragen aufwirft, die vielleicht sonst nicht gestellt werden - das finde ich okay". Das gelte auch für den Wahlkampf vor der Bundestagswahl, an der sich die Christen beteiligen sollten. In den vergangenen Monaten hatten CSU-Politiker die Kirche mehrfach dafür kritisiert, sich zu stark in die Politik einzumischen. Unter anderem Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte sie davor gewarnt, zur "Ersatzpartei" zu werden.
Auf die AfD angesprochen, erklärte Marx: "Man sollte nicht immer über eine Partei reden, sondern man sollte über Inhalte reden." Für Christen seien klare Grenzen gezogen: Einer nationalistischen und fremdenfeindlichen Fahne dürften sie nicht folgen. Pro-Europa-Bewegungen wie "Pulse of Europe" begrüßt der Kardinal ausdrücklich.
"Benedikts Wirkung ist gewaltig"
Zum 90. Geburtstag von Benedikt XVI. am Ostersonntag hob Kardinal Reinhard Marx die besondere Bedeutung der Theologie des emeritierten Papstes hervor. Dieser sei "so groß und seine Wirkung ist so gewaltig, auch in seinen Werken - das wird auch in Zukunft ein ganz wichtiger Bezugspunkt sein", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.
Der Kritik, Benedikt XVI. werde nicht ausreichend gewürdigt, widersprach der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz: "Wir haben wirklich sehr schöne Feiern, denke ich, und es ist sehr wichtig, dass daran erinnert wird." Auf alle Fälle sei es "wunderbar, dass er seinen 90. Geburtstag erlebt". Marx selbst wird am Dienstag den emeritierten Papst besuchen und ihm Glückwünsche aus Deutschland überbringen.
In dem Interview ging Marx auch auf sein gutes Verhältnis zum Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ein. Ökumene lebe auch vom persönlichen Miteinander. Manchmal sei er erstaunt, dass ein solches Miteinander einigen Menschen "schon wieder zu weit" gehe. "Seien wir doch froh, dass wir da in diesem Bereich uns gerne sehen und uns auch gerne unterhalten. Und das ändert gar nichts an den Unterschieden, die weiter da sind - das ist überhaupt keine Frage."
In Bezug auf die Weltkirche sagte Marx, er sehe den bevorstehenden Besuch von Papst Franziskus in Ägypten als wichtigen Impuls gegen den Terror. Er wünsche sich, so der Erzbischof, "dass die Religionen gemeinsam sagen, Muslime und Christen gemeinsam sagen: Niemals Gewalt im Namen Gottes". Das erwarte er auch von den muslimischen Verantwortlichen.
Mit Blick auf die Anschläge gegen zwei koptische Kirchen am Palmsonntag ruft Marx jedoch zu einer differenzierten Sicht auf Islam und Terrorismus auf. Selbstverständlich werde "im Namen des Islam Terror geübt. Und viele im Islam lehnen das ab - das muss man immer dazusagen. Gerade in Kairo, die al-Azhar-Moschee, die immer wieder deutlich macht: Wir wollen nicht, dass der Islam benutzt wird für solche Zwecke."
Marx: Waffen in Syrien müssen schweigen
Für Syrien fordert Marx einen Waffenstillstand. "Mit militärischen Mitteln wird dieser Konflikt nicht zu einem Ziel geführt". Die Großmächte sollten versuchen, alle Konfliktparteien "an einen Tisch zu zwingen", sagte der Kardinal im Deutschlandfunk-Interview. Es gebe dazu keine Alternative. Die Waffen müssten schweigen. (gho/KNA)