Marx kritisiert Seehofer und Söder für Wortwahl
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat CSU-Chef Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder für ihre Wortwahl kritisiert. Dass Bundesinnenminister Seehofer seinen 69. Geburtstag mit 69 Abschiebungen am selben Tag in Verbindung gebracht hatte, bezeichnete der Münchner Erzbischof in der am Donnerstag erscheinenden Wochenzeitung "Die Zeit" als "höchst unangemessen". Dies "hat zu Recht viele empört". Auch für Söders Vokabel "Asyltourismus" hat er kein Verständnis. "Das klingt, als wären da Leute unterwegs in den Ferien." Doch viele riskierten ihr Leben, viele sterben auf dem Weg. Insgesamt würden viele Teile der Gesellschaft "verbal radikaler".
Gleichzeitig warnte der Erzbischof von München und Freising die CSU vor einem fortschreitenden Rechts-Kurs. "Zu meinen, wir wandern am besten alle nach rechts, weil der Zeitgeist nach rechts wandert – das halte ich für eine falsche Einschätzung", sagte er der Zeitung. "Eine Partei, die sich für das C im Namen entschieden hat, geht eine Verpflichtung ein – im Sinne der christlichen Soziallehre besonders in der Haltung gegenüber den Armen und Schwachen."
In Deutschland wie in der Welt spüre man aber, "dass vielleicht doch eine Epoche zuende geht", so Marx. Den Volksparteien stelle sich die Frage, ob sie noch "die ganzen Spannbreite" abdecken könnten: "von wertorientierten grünen Haltungen bis zu rechtskonservativen, aber eben nicht rechtsradikalen Positionen". Dies sei keine einfache Aufgabe.
Der Kardinal wandte sich in dem Interview auch gegen eine zunehmende Abschottung Europas. "Europa darf keine Festung werden, das war stets unsere Maxime, und jetzt sind wir auf dem besten Wege dahin." In der Politik beobachte er einen Trend zum Nationalen und zu der Sichtweise: "Den Wohlstand hier drinnen wollen wir behalten – und bedroht wird er angeblich von da draußen." Einem Nationalismus erteilte der Kardinal aus katholischer Perspektive aber eine Absage: "Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht." Die katholische Kirche denke seit den 1960er- und 1970er-Jahren stärker in globalen Maßstäben und sehe sich in der Verantwortung "für die eine Welt, auch als Folge unseres sozialen Engagements in vielen Ländern".
Marx fordert zudem ein Einwanderungsgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode: "Diese Koalition wäre in der Lage, die große Aufgabe anzugehen und ein Einwanderungsgesetz zu erlassen, das den Namen verdient." Lange habe man sich nicht klargemacht, "dass wir ein Einwanderungsland sind". Wichtig sei ein Gesetz, das "die Fluchtursachen im Blick hat", so Marx. Für eine gerechte Welt komme es nicht in Frage, "wenn wir damit einfach Ingenieure und IT-Spezialisten aus anderen Ländern 'abschöpfen' wollten". (bod/KNA/dpa)