Direktor Franz Josef Backhaus über 80 Jahre Bibelwerk

Mehr als nur Bibelkunde

Veröffentlicht am 15.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Backhaus steht vor einer Bücherwand und lächelt in die Kamera.
Bild: © KNA
Heilige Schrift

Stuttgart ‐ Das Katholische Bibelwerk feiert am Sonntag seinen 80. Geburtstag. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläutert Direktor Franz Josef Backhaus, wie er sich die Zukunft der in Stuttgart ansässigen Institution vorstellt und welchen Stellenwert die Bibelarbeit in der Gesellschaft hat.

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Frage: Herr Backhaus, wie feiern Sie das 80-Jahr-Jubiläum des Bibelwerks?

Backhaus: Mit einem Gottesdienst und einer Zukunftswerkstatt. Dabei wollen wir ohne eine Schere im Kopf nachdenken und der Fantasie freien Lauf lassen. Es geht darum, wie der Weg des Bibelwerks künftig aussehen soll. Schon im Rahmen der Vorbereitung des Festes haben wir unsere 17.000 Mitglieder gefragt, welche Vorstellungen sie haben.

Frage: Wie war die Resonanz?

Backhaus: Gut. Wir haben beispielsweise festgestellt, dass die Beziehung zu den Mitgliedern und Abonnenten oft zu sehr einer Einbahnstraße gleicht: Das Bibelwerk bringt Produkte heraus und die Mitglieder und Abonnenten nutzen sie als Kunden. Das müssen wir ändern. Viele haben Ermutigung und Dankbarkeit für das Bibelwerk zum Ausdruck gebracht oder den Wunsch geäußert, dass wir unsere Arbeit offen und ökumenisch fortsetzen sollen.

Frage: Der Vatikan bezeichnet das Studium der Heiligen Schrift als Seele der Theologie, die Bibelpastoral als Kern der gesamten Seelsorge. In der Pfarrgemeinde vor Ort ist das oft nicht so.

Backhaus: Nein, dort ist Bibelpastoral oft nicht die Seele, sondern meist das Sahnehäubchen. Ein Grund ist auch für hauptamtliche Kirchenmitarbeiter der oft empfundene Gegensatz zwischen wissenschaftlich betriebener Exegese, also die Bibelauslegung einschließlich der historisch-kritischen Methode und der Frage, was die Bibel einem selbst für das eigene Leben bedeutet. Zudem verdunstet angesichts der Traditionsbrüche in unserer Gesellschaft immer mehr Wissen über die Heilige Schrift. Schon die Sprachbilder werden nicht mehr verstanden, weil sie keinen Bezug zum eigenen Leben haben. Und es ist tatsächlich schwer, heute mit Begriffen wie Sühne, Gnade, Reich Gottes oder Opfer umzugehen. Die Worte sind erklärbar, aber nur schwer eins zu eins übersetzbar.

Und schließlich: In den seelsorglichen Großräumen, die durch das Zusammenlegen von Pfarreien entstehen, braucht es Orte, die Beheimatung bieten. Menschen könnten sich auch um das Wort Gottes versammeln. Dabei geht es nicht nur um Bibelkunde, sondern auch um Lebensthemen wie Leid und Trauer, Liebe und Glück. All das kann biblisch erschlossen werden. In kleinen Gemeinschaften, Familienkreisen, geistlichen Gemeinschaften. Dafür Material zu liefern, das ist unsere Aufgabe. Modelle, bei denen sich alles auf kirchliche Mitarbeiter in den Gemeinden konzentriert, funktionieren nicht mehr.

Frage: Das Bibelwerk bereitet derzeit auch ein Projekt "Bibel-online" vor.

Backhaus: Damit wollen wir Menschen ansprechen, die sonst mit der Kirche oder dem christlichen Glauben nichts am Hut haben. Zielgruppen sind vor allem Jüngere und Männer. Aber wir wollen auch für Hauptamtliche online-Fortbildungskurse anbieten. Wichtig ist uns bei alledem, die Wissensvermittlung an die Lebenswelt der Adressaten rückzubinden. Vielleicht sind auch beim Aufbau des Projekts ökumenische Kooperationen möglich, also eine Zusammenarbeit mit evangelischen Partnern.

Das Interview führte Michael Jacquemain (KNA)