"Menschen nicht auf Sexualität reduzieren"
Er sehe es als Aufgabe der Kirche heute an, "mit den Menschen einen Weg zu gehen, auf dem sie ihre Sexualität als Geschenk Gottes in ihr Leben und in die Gestaltung ihrer Beziehungen integrieren können", so Büchel in seinem an Mitarbeiter in der Seelsorge gerichteten Schreiben weiter. Die katholische Kirche müsse sich in diesem Zusammenhang "der historischen Lasten im Umgang mit der Homosexualität bewusst stellen und eine neue menschen-und sachgerechte Sprache finden".
Eindringlich wirbt Büchel in seinem Schreiben dafür, menschliche Beziehungen nicht auf die sexuelle Dimension zu reduzieren. Für die Förderung des Wohls einer Person sei weniger die hetero- oder homosexuelle Neigung entscheidend, "als vielmehr der verantwortungsvolle Umgang mit Sexualität und allen anderen Dimensionen in einer Beziehung".
Umstrittener Vortrag über Ehe und Familie
Mit seiner Erklärung reagierte Büchel auf Aussagen seines Churer Amtsbruders Vitus Huonder. Ihn hätten mit Blick auf Huonders Aussagen beim Kongress "Freude am Glauben" in der vergangenen Woche in Fulda zahlreiche Reaktionen erreicht, die von einer großen Betroffenheit zeugten. Huonder hatte bei dem vom konservativen Forum Deutscher Katholiken veranstalteten Kongress einen Vortrag über Ehe und Familie gehalten und dabei mit Blick auf gleichgeschlechtliche Sexualität Bibelstellen aus dem alttestamentlichen Buch Levitikus zitiert. Darin werden sexuelle Handlungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts als "Gräueltaten" bezeichnet, die "mit dem Tod bestraft" werden.
Die zitierten Bibelstellen allein, so Huonder in seinem Vortrag, "würden genügen, um der Frage der Homosexualität aus der Sicht des Glaubens die rechte Wende zu geben". Die Aussage habe auch Bedeutung für die Definition der Ehe und der Familie: "Da gibt es keine Vielfalt der Ehe- und Familienmodelle", folgerte der Bischof.
Aufschrei der Empörung
Es folgte ein Aufschrei der Empörung, in dessen Folge sich Huonder am Montag gezwungen sah, auf der Internetseite seines Bistums eine Stellungnahme zu veröffentlichen. Darin äußerte der Bischof sein Bedauern darüber, dass sein Vortrag "in den Medien vereinzelt als Herabsetzung homosexueller Menschen verstanden wurde". Er habe in keiner Weise homosexuelle Menschen herabsetzen wollen; vielmehr bringe er auf Basis des Katechismus auch homosexuell empfindenden Menschen "pastorale Liebe" entgegen.
Büchel betonte in seinem Schreiben, für Christen sei jede Person ein Ebenbild und ein Kind Gottes, jeder Person komme die gleiche Würde zu. Menschliche Beziehungen seien dann wertvoll, wenn sie dieser Würde Rechnung trügen und das Wohl der Personen förderten. "Freuen wir uns an jeder Beziehung, in der sich die Partner als gleichwertige, wertvolle, geliebte Kinder Gottes annehmen, die Würde des anderen achten und das Wohl der Personen befördern", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz wörtlich. (stz)