Milone: Wurde vom Vatikan zu Rücktritt gezwungen
Der ehemalige oberste Wirtschaftsprüfer im Vatikan, Libero Milone (69), hat schwere Vorwürfe gegen seinen einstigen Auftraggeber erhoben. Er sei vom Vatikan zum Rücktritt gezwungen worden, sagte er im Interview mit mehreren Medien, darunter die italienische Zeitung "Corriere della Sera" (Sonntag). Der Chef der Vatikangendarmerie habe ihn eingeschüchtert und zur Unterschrift eines bereits vorbereiteten Briefs gedrängt, so Milone.
Der Vatikan wies das zurück: Libero Milone habe "aus freien Stücken angenommen, sein Rücktrittsgesuch einzureichen", teilte das vatikanische Presseamt am Sonntag mit. Der Heilige Stuhl sei "überrascht und betrübt", über die nun gemachten Aussagen des ehemaligen Wirtschaftsprüfers, der damit ein vereinbartes Schweigegelübde breche, heißt es in der Vatikanmitteilung weiter. Der Vatikan erinnert daran, dass Milone aufgrund von Kompetenzüberschreitungen zum Rücktritt aufgefordert worden sei. Er habe illegalerweise eine externe Gesellschaft mit Ermittlungsarbeiten zum Privatleben von Vatikanvertretern beauftragt.
Der Papst hatte am 20. Juni das Rücktrittsgesuch des Finanzexperten angenommen. Die Zusammenarbeit mit dem Heiligen Stuhl ende "in gegenseitigem Einvernehmen", hieß es damals in der Vatikanmitteilung. Milone schildert das nun anders. Er habe am 19. Juni bei Kurienerzbischof Angelo Becciu, dem vatikanischen "Innenminister", einen Termin gehabt, um über Mitarbeiterverträge zu reden. Dort sei ihm dann gesagt worden, der Papst vertraue ihm nicht mehr und verlange seinen Rücktritt. Zur Begründung sei ihm eine Überschreitung seiner Kompetenzen und rechtswidriges Verhalten vorgeworfen worden.
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Seit 2015 prüfte Libero Milone die Bilanzen des Vatikan und der Kurie. Nun wurde der Wirtschaftsprüfer von Papst Franziskus überraschend aus dem Amt entlassen. Milone hatte selbst darum gebeten. (Artikel von Juni 2017)Er habe sämtliche Anschuldigungen als falsch zurückgewiesen. Veruntreuungsvorwürfe gegen ihn seien "inszeniert" gewesen, so Milone. Er bat um ein Gespräch mit dem Papst. "Die Antwort war, dies sei nicht möglich. Becciu sagte, ich solle zur Gendarmerie gehen." Dort habe man ihn dann, als er auf seiner Unschuld bestand, eingeschüchtert und zur Unterzeichnung eines vorbereiteten Rücktrittsgesuchs gebracht.
Illegaler Zugriff auf seinen Computer
Milone, von 1975 bis 2007 bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte tätig, war im Juni 2015 von Papst Franziskus im Zuge einer Neuorganisation des vatikanischen Wirtschafts- und Finanzsektors zum Generalrevisor berufen worden. Er hatte damit die Bilanzen der vatikanischen Kurie, der mit dem Heiligen Stuhl verbundenen Einrichtungen und des Vatikanstaats zu kontrollieren. Zuvor erledigte dies die Wirtschaftspräfektur des Heiligen Stuhls selbst. Kurz nach seinem Amtsantritt war Milone in die Schlagzeilen geraten, weil er im Vatikan Anzeige wegen eines illegalen Zugriffs auf seinen Computer erstattete. Die vatikanische Gendarmerie nahm damals Ermittlungen auf.
Er habe sich nun geäußert, um einer Rufschädigung entgegenzuwirken, sagt Milone. Er werde keinerlei Aussagen zu seiner Arbeit als Wirtschaftsprüfer machen, wolle sich aber verteidigen. Er werde eventuell auch Anzeige erstatten, so Milone. Mit Papst Franziskus habe er stets guten Kontakt gehabt, aber in den vergangenen 18 Monaten habe man ihm verboten, ihn zu sehen. Auf die Frage, wer seinen Rücktritt gewollt haben könne, sagt der Finanzfachmann, er fürchte der Papst sei von "der alten Macht" blockiert worden. Er vermutet, diese habe sich "bedroht gefühlt", weil er dem Papst und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin berichten könnte, "was ich auf den Konten gesehen habe". (jhe/KNA)
24.09.2017, 14:59 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme des Vatikan. /jhe