Missbrauchsopfer erheben Vorwürfe gegen Papst-Berater
Chilenische Missbrauchsopfer haben schwere Vorwürfe gegen einen der engsten Berater des Papstes erhoben. Kardinal Francisco Errazuriz habe über mehr als fünf Jahre die Strafverfolgung sexueller Vergehen unterbunden, sagte James Hamilton am Mittwoch vor Journalisten in Rom. Er sowie Juan Carlos Cruz und Jose Andres Murillo hatten Papst Franziskus während eines mehrtägigen Treffens im Vatikan ihre Erfahrungen mit Missbrauch und Vertuschung in der chilenischen Kirche dargelegt.
Der 84-jährige Errazuriz ist Mitglied des Kardinalsrats, der Papst Franziskus bei der Kurienreform berät. Von 1998 bis zu seinem altersbedingten Rücktritt 2010 war er Erzbischof des chilenischen Hauptstadtbistums Santiago. Mehrere Jahre stand er der Chilenischen Bischofskonferenz und dem Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM vor.
Hamilton: Kardinal war seit 2002 informiert
Hamilton sagte, Errazuriz sei seit 2002 über sexuelle Vergehen des Priesters Fernando Karadima informiert gewesen. Während der kirchliche Strafverfolger Eliseo Escudero die Anschuldigungen als glaubwürdig eingestuft habe, seien Ermittlungen von Errazuriz blockiert worden. Erst 2009 seien mit einer neuen Zeugenaussage von Cruz die Vorwürfe vor die römische Glaubenskongregation gelangt. Karadima wurde 2011 vom Vatikan verurteilt.
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Hamilton nannte Errazuriz einen "Kriminellen". Den Vorwurf der Vertuschung dehnte er auch auf den amtierenden Erzbischof von Santiago aus, den 76-jährigen Kardinal Ricardo Ezzati. "Wir würden sie gerne alle ins Gefängnis bringen", sagte Hamilton. Allerdings sehe das chilenische Strafrecht für die betreffenden Taten eine Verjährungsfrist von fünf beziehungsweise zehn Jahren vor. Auch Cruz sagte, Errazuriz und Ezzati hätten den Papst über den Missbrauchsskandal "hinters Licht geführt".
Missbrauchsopfer fordern Papst zum Handeln auf
Die drei Opfer sexuellen Missbrauchs forderten Papst Franziskus zu Aktionen gegen pädophile Priester in der katholischen Kirche weltweit auf. Der Papst müsse dieser "globalen Epidemie" exemplarisches Handeln entgegensetzen, sagten die drei Männer vor der Auslandspresse in Rom. "Es ist nicht an uns, die notwendigen Veränderungen in der Kirche durchzusetzen, um die Seuche des sexuellen Missbrauch und seine Vertuschung zu stoppen", sagten Cruz, Hamilton und Murillo.
Sollte der Papst nichts unternehmen, werde alles umsonst gewesen sein, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung weiter. Wie andere waren die drei Männer als Minderjährige von dem Pfarrer und Priesterausbilder Karadima sexuell missbraucht worden. Für Mitte Mai hat Franziskus die chilenischen Bischöfe zu Beratungen in den Vatikan einbestellt. Er hatte sie zuvor kritisiert, ihn unvollständig und einseitig über den Skandal informiert zu haben.
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Er wolle dem Papst das Schreckliche berichten, das er durchgemacht habe, sagte Missbrauchsopfer Juan Carlos Cruz vor rund zwei Wochen. Nun hat Cruz Franziskus getroffen - und ist "bewegt".Die mehrstündigen Gespräche mit dem Papst verliefen nach Aussage der drei Missbrauchsopfer positiv. Nachdem sie fast zehn Jahre als Feinde behandelt worden seien, hätten sie in dieser Woche im Vatikan "das freundliche Gesicht der Kirche" kennengelernt, teilten Cruz, Hamilton und Murillo mit. Der Papst habe sie persönlich und im Namen der ganzen Kirche um Verzeihung gebeten. Sie bewerteten das Treffen als Zeichen für eine Wende der katholischen Kirche im Umgang mit dem Problem.
Cruz: Papst war erschüttert
Cruz zeigte sich beeindruckt von seinen Begegnungen mit Franziskus. "Ich habe nie jemanden so zerknirscht gesehen", sagte er. "Ich habe gefühlt, dass es ihn schmerzt", so der 55-Jährige.
Hinsichtlich möglicher personeller Folgen habe er "kein Ultimatum gestellt", so Cruz, aber das Treffen werde "Konsequenzen haben". Die fast dreistündige Unterredung sei detailliert gewesen und mit "großem Schmerz und Wahrhaftigkeit" verlaufen. Franziskus habe eigene Versäumnisse eingestanden. "Er sagte: Ich war Teil des Problems", sagte Cruz. "Ich glaube, er war ehrlich." Den chilenischen Bischöfen warf Cruz vor, diese seien "zu einer Entschuldigung nicht fähig". (luk/KNA/dpa)