Ein Zisterzienser aus Bochum stellt Kloster-Gin her

Mission mit hochprozentigem Trendgetränk

Veröffentlicht am 05.07.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Monastic Dry Gin
Bild: © privat
Klosterprodukte

Bochum ‐ Papst Franziskus hat Innovationen von Ordensleuten gefordert. Daraufhin probierte ein Mönch aus Bochum mit Kräutern und Alkohol herum. Das Ergebnis: ein erlesener Gin, mit denen er neue Zielgruppen erreicht.

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Pater Justinus Pech hat zusammengebracht, was eigentlich nicht zusammen passt: Auf der einen Seite Gin, das seit einigen Jahren als Gin Tonic das alkoholische Trendgetränk schlechthin ist, und auf der anderen Seite das monastische Leben hinter Klostermauern, mit dem ein Großteil der Bevölkerung keinerlei Berührungspunkte hat. Der Zisterzienserpater aus dem Kloster Stiepel bei Bochum findet, das beides gut zusammen passt. Wichtig ist ihm, dass sein Produkt hochwertig ist – denn er will damit auf eine etwas andere Art missionieren.

Auf der Suche nach einem neuen Produkt für den Klosterladen in Stiepel sei Alkohol schon bald in die engere Auswahl gekommen, erzählt Pater Justinus. Klöster und Alkohol seien ja keine neue Kombination: Klosterbrauereien und Trappistenbier, Klöster mit Weinberg sowie der obligatorische Kräuterlikör in fast jedem Klosterladen – im erst 30 Jahre alten Kloster Stiepel selbst gibt es den Benedictustropfen – sind seit Jahrhunderten Tradition. Die Abtei Heiligenkreuz in Österreich, zu der das Kloster Stiepel gehört, habe bereits seit 1144 ein eigenes Weingut, so der Pater. Mit dem Aufruf von Papst Franziskus im Ohr, der von Ordensleuten innovative neue Wege fordert, sei er schon bald auf den Gin gekommen. "Die traditionellen Klostergetränke erschienen mir zu langweilig und sie hätten sich auf dem Markt nicht von anderen Produkten abgehoben", sagt er und gibt zu, dass er schon als Student gerne diverse Gin-Sorten probiert habe.

Ein Wirtschaftswissenschaftler spielt mit Kräutern

Außerdem ist in der Wacholder-Spirituose das drin, womit sich Klöster auskennen: "Seit Jahrhunderten wird in Klöstern das Wissen über Kräuter, ihren Anbau und ihre Wirksamkeit bewahrt", sagt Pater Justinus und betont dabei, dass er nicht sich meint. "Ich bin Wissenschaftler im Bereich Wirtschafts- und Führungsethik und Fundamentaltheologe", erzählt der Mönch, der das Bochumer Institut für Führungsethik leitet und an der Hochschule Heiligenkreuz lehrt. Das nötige Wissen um die Kräuter und Botanicals, also die aromagebenden Substanzen der Spirituose, habe er sich zunächst angelesen und habe dann "herumprobiert". Er fragte bei Bekannten und Freunden nach deren Gin-Vorlieben und sprach mit Produzenten und anderen Fachleuten – etwa im oberösterreichischen Stift Engelszell, wo die Mönche ihren Engelszeller-Wacholder auch "Trappisten-Gin" nennen.

Zisterzienserpater Justinus Pech mit dem "Monastic Dry Gin"
Bild: ©Privat

Pater Justinus Pech aus dem Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel mit seinem neuesten Produkt: Dem "Monastic Dry Gin".

Nach einiger Zeit fühlte sich Pater Justinus so weit, um nach seinem Rezept einen ersten Versuch zu wagen. "Meine Mitbrüder waren die Versuchskaninchen, die durch die ersten Fehlproduktionen hindurch mussten", erinnert sich der 45-Jährige an den Spätsommer 2017, an dem er an dem "Monastic Dry Gin" herumfeilte. Als dann die perfekte Geschmacksrichtung gefunden war, ging es an die Produktion. Eine Hürde musste er dafür noch nehmen – denn eine Destillationsanlage hat das Kloster nicht und sie wäre auch zu teuer für die relativ kleine Menge an Alkohol, die Pater Justinus herstellen und verkaufen will. Er fand jemanden, der über Brennrechte und die nötigen Gerätschaften verfügt, und tat sich mit ihm zusammen, sodass er nun einige Male im Jahr seinen Gin durch das Kräutersäckchen destillieren kann.

Um welche Kräutermischung es sich handelt, hält Pater Justinus geheim. Herauszuschmecken ist neben der Wacholdernote etwas Zitrushaftes, was auf Zitrone und Zitronenmelisse schließen lässt, sowie Ingwer. Der Pater verrät soviel: Der Basilikum und die Pfefferminze wachsen im Stiepeler Klostergarten, während er die Orangen und Zitronen von Zisterzienserinnen aus Italien und Südfrankreich kauft. Kein Klosterprodukt ist bislang der Wacholder, den der Pater aus der Toskana importiert. Aber er kann sich gut vorstellen, dass eines Tages in seinem Mutterkloster in Heiligenkreuz Wacholdersträucher wachsen, denn "wir Klöster haben so viele hochwertige Produkte, wir sollten viel mehr zusammenarbeiten und unsere Schätze in einem Netzwerk gegenseitig anbieten."

Der Gin mit einer Mission

Bei jeder Einzelheit, die Pater Justinus erzählt, wird klar, wie wichtig es ihm war, ein exquisites Produkt zu entwickeln. Worum es ihm nicht geht: Menschen zu übermäßigen Alkoholkonsum verführen. "Gin ist ein Genussmittel von dem man nicht drei oder vier an einem Abend trinkt – das würde ich keinem empfehlen". Er habe bewusst ein Qualitätsprodukt schaffen wollen, das sich an genussfreudige Gin-Liebhaber richtet, die sich die Spirituose in besonderen Momenten der Ruhe gönnen. "Das sind hauptsächlich etwas hippere Leute zwischen 25 und 50 Jahren." Nach einigen Berichten in den lokalen Medien seien auch tatsächlich Menschen in den Klosterladen gekommen, die noch nie dagewesen seien und die sich ohne den "Icebreaker" Gin auch nicht in die Nähe eines Klosters gewagt hätten.

Gin St. Joseph's Wort Smash: Basilikum, Zitrone und Gin aus dem Kloster
Bild: ©katholisch.de/fxn

Basilikum- und Zitrusnoten prägen den "Monastic Dry Gin". Das passt auch gemischt sehr gut.

Genau diese Menschen will Pater Justinus erreichen und in ihnen die Frage nach Gott wecken. Denn die Botschaft hinter dem Produkt sei: "Es gibt Klöster und in ihnen zeigen wir Ordensleute mit unserer Lebensform 'Es gibt Gott'." Schon das Design des Etiketts enthält eine Botschaft – es erinnert an das Mönchsgewand, den Habit, der Zisterzienser. Und unter dem Namen "Monastic Dry Gin" seht "Made in Silence" ("Hergestellt in Stille"), was auf die Bedeutung des Schweigens für den Orden verweist. "Es zeigt den Kunden, dass dieser Gin aus der Stille kommt, die Klöster auszeichnet – und vielleicht öffnet sich der Horizont für das, was hinter dem Ordensleben steckt."

Demnächst will der Mönch auf den Flaschen selbst etwas Wissen über die Kirche vermitteln: In Zukunft bekommt jede Produktionsreihe, also jeweils 600 Flaschen, einen eigenen Namen – den eines Papstes. Auf zusätzlichen Flaschenanhängern soll es einige Informationen zu dem jeweiligen Papst oder zu einem Heiligen des Monats geben.

Optimistisch gestimmt war Pater Justinus nach einigen Blindtest an Fokusgruppen möglicher künftiger Kunden. Er finanzierte die allererste Produktion vor und füllte die 300 Liter in Flaschen ab. Zum Advents- und Weihnachtsgeschäft 2017 kam sein Gin in den Klosterladen in Stiepel – und er kam gut an. Er fand Restaurants und Feinkostläden in der Region sowie in Bremen und Wien, die seinen Gin ins Sortiment aufnahmen, und begann vor kurzem auch mit der Werbung im Internet. Seit Mai kann der hochprozentige Gin (42 % Vol.) auch online bestellt werden und hat einen eigenen Instagram-Account. Mit der Zeit würde der Pater dort gerne Rezeptvorschläge von Kunden und Instagram-Abonnenten teilen. Er selber sucht noch nach dem passenden Wermut, um einen Wodka Martini zu mixen; für den Longdrink Gin Tonic empfiehlt er Tonic Water von Thomas Henry und Fever Tree Mediterranian.

Pater Justinus freut sich über jeden kleinen Erfolg seines Gins, auch wenn er mit seiner kleinen Produktion weit entfernt ist von den Verkaufszahlen großer klösterlicher Spirituosenerzeuger wie dem Stift Engelszell oder dem "1596"-Gin der bayerischen Benediktinerabtei Ettal. "Wenn ich es eines Tages schaffe, 5.000 Flaschen im Jahr zu verkaufen, wäre ich sehr zufrieden – aber davon bin ich noch weit entfernt."

Von Agathe Lukassek
Gin Frais des Frères
Bild: ©fxn/katholisch.de

Rezeptvorschlag "Gin Frais des Frères": 4 cl Monastic Dry Gin mit je 1 cl Zuckersirup und frischen Limettensaft mit Eis shaken. In ein Tumbler-Glas mit Erdbeerestücken und Eis füllen.

Cocktails aus der katholisch.de-Versuchsküche

Pater Justinus empfiehlt ganz puristisch den Klassiker Gin and Tonic. Doch der "Monastic Dry Gin" eignet sich auch für andere Cocktails. Mit seinen 42 Volumenprozent Alkohol liegt er eher im Mittelfeld. Dennoch hat der "Monastic Dry Gin" eine ausgeprägt alkoholische Note; bei den Mischungsverhältnissen empfiehlt es sich daher, auf etwas weniger zurückzugreifen, als Rezepte es vorschlagen, die nicht speziell für den Zisterzienser-Gin entwickelt wurden.

In der katholisch.de-Versuchsküche haben wir zwei Rezepte entwickelt, die mit den sommerlichen Botanicals der Stiepeler Edelspirituose besonders harmonieren.

Gin St. Joseph's Wort Smash

Basilikum und Zitrusfrüchte prägen den Kloster-Gin. Diese Noten greift der "Gin St. Joseph's Wort Smash" auf, eine fruchtige und dabei doch herbe Variante des Klassikers Gin Sour.

Für die Zubereitung eine Handvoll Basilikum mit 2 cl Zuckersirup im Shaker stößeln, 2 cl frischer Zitronensaft, 4 cl "Monastic Dry Gin" und Eis dazu, kräftig shaken. Durch ein Barsieb in ein Tumbler-Glas abseihen, mit Basilikum garnieren.

Gin Frais des Frères

Basilikum und Erbeeren passen wunderbar zusammen – das wissen nicht nur Eismanufakturen. Auch im Glas ergänzen sich Kräuter und Beeren perfekt zu einem süßen Sommerdrink.

Für die Erdbeere nach Art der Brüder werden 4 cl "Monastic Dry Gin" mit je 1 cl Zuckersirup und frischen Limettensaft mit Eis geschüttelt – und schon ist der Cocktail fertig. Angerichtet wird er in einem Tumbler-Glas mit Erdbeerstücken und Eis. (fxn)