"Mit Augen wie Sternen"
Am Tag vor dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in Altötting erhielt Günther Mandl, damals Stadtpfarrer und Stiftsprobst, einen Anruf. "Es hieß: Der Heilige Vater wünscht einen Espresso Doppio und ein Hanuta", erinnert er sich. Denn der Papst würde sich zum Gottesdienst am 11. September 2006 unter freiem Himmel in Mandls Pfarrbüro ankleiden. Zuvor war Mandl ein Jahr lang in die Vorbereitungen für die Liturgie eingebunden gewesen. Dass Benedikt sich ausgerechnet ein Hanuta wünschte, wunderte ihn nicht: "Er neigt dazu, Unterzucker zu bekommen, und das kann man mit so einem kleinen Gebäck ausschließen. Das haben wir natürlich vorbereitet."
Die Liturgie des Gottesdienstes sollte, dem bayrischen Wallfahrtsort entsprechend, marianisch sein. "Es ging darum, das Volk zu ermutigen, die Schönheit des Glaubens neu zu entdecken", erklärt Mandl, der seit zwei Jahren zusätzlich Wallfahrtsrektor ist. Die Wahl fiel auf das Evangelium von der Hochzeit zu Kana, bei der Jesus Wasser in Wein verwandelt (Joh 2,1-12). "Der Papst hat das dann hervorragend in der Predigt ausgelegt."
Er erlebte den Papst in Hochform
Am Besuchstag selbst moderierte Mandl die Vorliturgie, die schon um sechs Uhr morgens begann. "Meine Mitarbeiter und ich waren auf der Tribüne, wir bereiteten die ankommenden Gottesdienstbesucher mit Liedern, Texten, Zeugnissen von Gläubigen und Sätzen des Rosenkranzes auf die Hauptliturgie mit dem Heiligen Vater vor", erklärt Mandl. "Es war so schön, wie die Leute noch im Morgengrauen ankamen und allmählich den Platz füllten. Sie blickten alle mit Augen wie Sternen." Danach gehörte Mandl zu den Konzelebranten auf der Tribüne und erlebte den Papst hautnah. "Er wirkte wie ein Jüngling in seiner Heimat, obwohl er damals 79 Jahre alt war. Hier wurde er ja geprägt." Noch in seinem neuesten Buch habe er davon gesprochen, dass Altötting der liebste spirituelle Ort der Welt sei. "Das spürte man, er war wirklich in Hochform."
Auch bei der Vesper mit Benedikt XVI. in der Basilika St. Anna war Mandl wieder im Chorraum. Da habe der Papst einen Satz gesagt, der ihn nachhaltig geprägt habe. Er habe über die Stelle im Evangelium gesprochen, in der Jesus sagt, dass die Ernte groß sei, es aber zu wenig Arbeiter gebe. Daher sollten die Jünger den Herrn der Ernte bitten, dass er Arbeiter für seine Ernte aussendet. "Und dann, das habe ich so noch nie gehört, sprach der Heilige Vater davon, dass die Ernte Gottes die Sehnsucht in jedem menschlichen Herzen nach Großem, Bedeutendem, Ewigem, ist; letztlich die Sehnsucht nach Gott." Diese Sehnsucht sei da, ob der Mensch sich dessen bewusst sei oder nicht, "ob er Atheist, Buddhist oder Hindu ist, er hat diese letzte Sehnsucht, die riesengroß ist". Aber es gebe zu wenig Arbeiter, also Menschen, die die Sache Gottes glaubwürdig und ansteckend verkündeten. "Das ist für mich seither eine Verpflichtung", meint Mandl. "Ich will zusehen, dass ich gut predige, die Herzen erreiche und die Menschen dort abhole, wo sie sind. Und auch, dass ich niemanden verurteile oder ausschließe, sondern jeden zu Gott führe."
Zehn Jahre nach dem Papstbesuch war nun Georg Gänswein in Altötting. Auch diesen Besuch hat Mandl vorbereitet, war unter den Gastgebern. Es freut ihn hörbar, dass der Aufenthalt von Papst Benedikt XVI. Station im Marienwallfahrtsort so gewürdigt wird. "Das war einfach ein unvergessliches Ereignis."