Weihbischof Losinger besorgt über sinkende Organspende-Bereitschaft

Mit dem Leben spielt man nicht

Veröffentlicht am 01.11.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Organspende

Bonn ‐ Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger sieht den aktuellen Rückgang der Organspendebereitschaft mit Besorgnis. "Ich kann mir vorstellen, dass die Skandale zu einem Rückgang der Spendenbereitschaft führen", sagte Losinger, zugleich Mitglied des Deutschen Ethikrats, gegenüber katholisch.de.

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Nach Aussage des medizinischen Vorstands der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Günter Kirste, ist die Zahl der Organspender in den vergangenen Monaten erheblich zurückgegangen. Die Zahl der Organspenden sei im Monat Oktober von über hundert auf weniger als 60 Spenden gesunken. Das entspricht einem Rückgang von fast 50 Prozent. Die Menschen seien nach den Transplantationsskandalen verunsichert, erklärte Kirste gegenüber NDR Info am Mittwoch. Im Sommer hatte es in Kliniken in Göttingen, Regensburg und München Verstöße gegen Richtlinien bei der Organvergabe gegeben. Die Stiftung Organspende ist die nach dem Transplantationsgesetz beauftragte Koordinierungsstelle für Transplantationen in Deutschland.

Schnelle Aufklärung

Noch stärker als Losinger sieht Kirste einen klaren Zusammenhang zwischen den Transplantationsskandalen im vergangenen Sommer und dem Rückgang der Organspende-Bereitschaft. Viele Angehörigen gäben an, dass sie kein Vertrauen mehr in die Organspende hätten, so Kirste bei NDR Info.

Laut Losinger müssen klaren Strukturen geschaffen werden, damit das Vertrauen zu den Transplantationsorganisationen wiederhergestellt wird und Organbetrug und Organraub ausgeschlossen werden. Losinger fordert ein Zwei- beziehungsweise Vier-Augenprinzip zur Kontrolle. Mit dem Leben der Menschen spiele man nicht, so der Weihbischof.

Auch Kirste fordert Konsequenzen und nimmt die verantwortlichen Ärzte in die Pflicht. Er will eine schnelle Aufklärung. "Im September sind flächendeckende Kontrollen aller 47 Transplantationszentren angelaufen", erklärte er. Darüber hinaus sollen alle 140 organspezifischen Transplantationsprogramme mindestens einmal in einem Zeitraum von 36 Monaten vor Ort geprüft werden. Im ersten Schritt stünden sämtliche Lebertransplantationsprogramme unter Beobachtung.

Losinger: Organe sind kein Wirtschaftsgut

Eine Börse für Organhandel, wie sie jüngst der Bayreuther Wirtschaftsökonom Peter Oberender gefordert hat, lehnt Weihbischof Losinger kategorisch ab. "Menschliche Organe sind kein Wirtschaftsgut oder bezahlbar. So etwas halte ich für einen Skandal", sagte Losinger.

Ab dem 1. November tritt das neue Transplantationsgesetz in Kraft. Demnach werden alle Bürger über 16 Jahre über ihre Organspendebereitschaft befragt. Die Krankenkassen sind nun verpflichtet, die Spendenbereitschaft bei ihren Kunden abzufragen und Organspendeausweise zu verschicken. Für Losinger ist diese "Zustimmungslösung" ein besserer Weg als die "Widerspruchslösung", die unter anderem in Spanien praktiziert wird. Bei dieser Regelung ist jeder, der nicht ausdrücklich die Spendenbereitschaft schriftlich fixiert hat, automatisch ein Organspender.

Die DSO fordert eine genaue Aufklärung der Bürger. "Viele Menschen fühlen sich noch nicht ausreichend informiert, vor allem was die Voraussetzungen und Abläufe einer Organspende betreffen", sagt Kirste. Wichtig sei auch, dass neben dem Organspendeausweis umfassende Informationen angeboten werden. (gam)

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